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Panorama: Cruise soll draußen bleiben

Im Bendlerblock bekommt der Scientologe keine Drehgenehmigung – auch wenn er Stauffenberg spielt

Berlin - Die Aufregung um die bevorstehenden Dreharbeiten des bekennenden Scientologen Tom Cruise in Berlin nehmen zu. Die Sektenexpertin der Bundestagsfraktion von CDU und CSU, Antje Blumenthal, freute sich am Freitag, Aufnahmen zum neuesten Film des Hollywoodstars im Bendlerblock in Berlin verhindert zu haben. Cruise wird in den im Juli beginnenden Dreharbeiten den Widerstandskämpfer Claus Schenk Graf von Stauffenberg spielen, der sein Attentat auf Hitler von dort aus plante und den die Nationalsozialisten an Ort und Stelle exekutierten.

Bei einer namentlichen Abstimmung im Bundestag am Freitagmorgen habe sie Bundesverteidigungsminister Franz-Josef Jung angesprochen. „Da hat er zu mir gesagt: Das kommt überhaupt nicht infrage.“ Allerdings hatte Frau Blumenthal ein wichtiges Detail übersehen: Bisher hat niemand Dreharbeiten im Bendlerblock beantragt. Schon gar nicht Tom Cruise.

„Derzeit liegt uns kein Antrag auf eine Drehgenehmigung in einer Liegenschaft der Bundeswehr insgesamt vor“, erklärte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums auf Anfrage. Antje Blumenthal ficht das nicht an: „Es geht mir darum, dass wir eine einheitliche Front gegen Scientology bilden“, sagt sie. Die Organisation verbreite Gedankengut in der Tradition des Nationalsozialismus, „und ich finde es gelinde gesagt merkwürdig, wenn jemand, der diese Organisation vertritt, ausgerechnet an einer Stätte des Widerstands gegen den Nationalsozialismus drehen darf.“

Da findet sie sich Seite an Seite mit dem Verteidigungsministerium wieder. „Stauffenberg ist eine zentrale Persönlichkeit im Traditionsverständnis der Bundeswehr“, erklärte der Ministeriumssprecher weiter, „daher geht es uns um eine seriöse und authentische Darstellung des Widerstandskämpfers“ – auch in einem Hollywoodfilm. Mögliche Dreharbeiten im Bendlerblock bewertet Antje Blumenthal: „Das wäre PR für diese Organisation und so etwas müssen wir nicht unterstützen, wo doch Herr Cruise keine Gelegenheit auslässt, für Scientology zu werben.“ Auch der innenpolitische Sprecher der Berliner CDU, Frank Henkel, sieht das so: „Der Widerstand gegen die nationalsozialistische Diktatur darf nicht für PR-Zwecke einer gefährlichen und totalitären Psycho-Organisation wie Scientology missbraucht werden.“

Scharfer Gegenwind bläst dem Top- Star aus einer anderen Richtung entgegen. Berthold Graf Schenk von Stauffenberg, ältester Sohn des Anführers der Attentäter vom 20. Juli 1944, sagte in einem Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung: Es sei ihm „unsympathisch“, dass ein bekennender Scientologe seinen Vater spielen solle. Auch von der Hollywoodproduktion insgesamt erwartet Stauffenberg sich nicht viel: „Da kommt sicher nur Mist raus.“ Und deshalb wünsche er sich: „Er soll die Finger von meinem Vater lassen.“

Cruise wird in der US-Produktion „Valkyrie“ (englisch für „Walküre“ – dem Codewort für die Vorbereitungen auf das Hitler-Attentat) Claus Schenk Graf von Stauffenberg darstellen. Die Studios in Potsdam-Babelsberg stehen derzeit in Koproduktionsverhandlungen mit anderen Firmen, um den Film in Berlin und Brandenburg zu drehen. Noch sind die Verhandlungen allerdings nicht abgeschlossen, weshalb das Studio Babelsberg keine Stellungnahmen zu dem Projekt abgebe, erklärte eine Sprecherin auf Anfrage.

Mittwoch hatte bereits der SPD-Abgeordnete Klaus-Uwe Benneter, ehemaliger Generalsekretär der Partei, den Star und sein Filmprojekt kritisiert. Stauffenberg sei bereit gewesen, im Kampf gegen Unterdrückung und autoritäre Herrschaft sein Leben zu lassen. Ausgerechnet er solle nun von einem Schauspieler dargestellt werden, dessen „Sekte mit dubiosen Methoden versucht, Menschen zu ködern und gefügig zu machen“. Dies sei ein „Schlag ins Gesicht aller aufrechten Demokraten, aller Widerstandskämpfer und aller Opfer der Scientology-Sekte.“

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