zum Hauptinhalt

Dankgottesdienst: Leipzig freut sich

Es ist der Moment der Emotionen. Nach Monaten der Angst feiern die Leipziger am Montag mit einem Dankgottesdienst die Rückkehr der Irak-Geiseln René Bräunlich (32) und Thomas Nitzschke (28).

Leipzig - Rund 2000 Menschen kommen in die Leipziger Nikolaikirche und zeigen erneut ihre große Anteilnahme am Schicksal der beiden Techniker der Firma Cryotec.

«Wir sind zutiefst ergriffen über die Anteilnahme. Sie hat unser Leid gemildert», sagt Nitzschkes Mutter Helga mit bebender Stimme. «Nun baut sich nur noch Freude auf», ergänzt Ingeborg Bräunlich, die Mutter von René. Im Namen ihrer Söhne bedanken sich die Frauen für das Engagement. Den beiden selbst fehlt noch die Kraft, an dem Fest teilzunehmen.

«Sie sind zurück in Deutschland, aber sie müssen auch im Alltag wieder ankommen», meint Sachsen Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) mit Blick auf den Weg, der nun vor den Männern liegt. Gemeinsam mit dem Pfarrer der Nikolaikirche, Christian Führer, Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) und Cryotec-Chef Peter Bienert hatte Milbradt die beiden Männer persönlich in der Heimat begrüßt. «Ich bin beeindruckt über die Haltung der beiden. Dass sie völlig ohne Hass über das Erlebte sprechen», berichtet Führer. «Nun sind sie nach 99 Tagen wieder frei. Gebt ihnen auch das Gefühl in Freiheit zu leben», bittet Ingeborg Bräunlich insbesondere die Medien.

Sachsens Landesbischof Jochen Bohl würdigt das Engagement für die beiden Männer. «Eine ganze Region hat deutlich gemacht, dass sie nicht gewillt ist, sich abzufinden», sagt er mit Blick auf die 27 Mahnwachen an der Nikolaikirche während des Geiseldramas. «An diesem Ort ist die Hoffnung lebendig», betont Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD).

«Diese Unterstützung an diesem traditionsreichen Ort hat uns immer wieder angespornt», berichtet auch der Leiter des Krisenstabes im Auswärtigen Amt, Reinhard Silberberg. Die Leipziger würdigen die Arbeit seines Teams mit langem Applaus. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), der während des Geiseldramas mehrfach persönlich mit den Angehörigen gesprochen hatte, konnte wegen einer Dienstreise nicht wie beabsichtigt nach Leipzig kommen.

Der Dankgottesdienst ist ein Schlusspunkt nach Monaten voller Angst und nach einem Freudentaumel, den die Freilassung in der vergangenen Woche ausgelöst hatte. «Es muss irgendwie abgeschlossen sein. Das hilft beim Schritt in die Normalität», sagt Führer. Dieser Schritt steht nun vor allen Dingen für Bräunlich und Nitzschke an. Nach 99-tägigem Martyrium in engen Erdlöchern und fast durchgängiger Dunkelheit kehrten sie am vergangenen Mittwoch unversehrt nach Deutschland und Freitag nach Leipzig zurück. Ein Urlaub mit der Familie soll helfen, das Erlebte zu verarbeiten. Ihr Arbeitgeber gibt ihnen die erforderliche Zeit.

Die Firma Cryotec will die Anlage im Nordirak, an deren Montage Bräunlich und Nitzschke vor ihrer Entführung beteiligt waren, zu Ende bauen. Es würden allerdings keine eigenen Leute mehr in den Irak geschickt, bekräftigt Unternehmenssprecherin Karin Berndt am Montag. Um das Projekt zu beenden, werde Cryotec eine Videokonferenz einrichten. «Wir müssen testen, ob das geht.»

An der Nikolaikirche ist bereits am Montagabend ein Hauch Normalität zurückgekehrt: Plakate, Transparente und Kerzen der Mahnwachen wurden an das Zeitgeschichtliche Forum Leipzig übergeben und sollen in eine Dauerausstellung des Hauses eingegliedert werden.

(Von Arved Gintenreiter und Marion van der Kraats, dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false