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Beklagt sich bitterlich. Dominique Strauss-Kahn, früherer Chef des Internationalen Währungsfonds.

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Das Buch über einen Sexbesessenen: Dominik Strauss-Kahn und seine Geliebte: Vom Lecken der Augenlider

Wie eine Vorkämpferin der Prostitution sich mit Dominique Strauss-Kahn einließ, um ein Buch darüber zu schreiben. Darin kommt mehrfach das Wort "Schwein" vor.

Sie hat sich bei ihm entschuldigt. „Ich bin traurig und ich bitte Dich um Vergebung“, hat sie ihm per Mail geschrieben. „Aber ich weiß, dass Du mir nie vergeben wirst, so wie ich es an Deiner Stelle auch nicht tun würde. Aber glaube mir, dass ich es zutiefst bedaure.“ Ehrlicher können die Worte einer Frau, die ihren Liebhaber hintergangen hat, kaum klingen. Doch dem Pariser Gericht, vor dem diese Bitte um Vergebung verlesen wurde, blieben „schwere Zweifel an der Aufrichtigkeit“ der Mailschreiberin und es verurteilte sie zur Zahlung eines Schmerzensgeldes an ihn: Sie – das ist Marcella Iacub, Rechtsanwältin und Essayistin; er – das ist Dominique Strauss-Kahn, früherer Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF), 2011 wegen des Verdachts der Vergewaltigung eines New Yorker Zimmermädchens zu Fall gekommen. Beide hatten sie von Januar bis August 2012 eine Liaison.

Mit einem Schwein dekoriert. Das Buch der Ex-Geliebten.
Mit einem Schwein dekoriert. Das Buch der Ex-Geliebten.

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Ob es eine Liebesbeziehung war oder eine Sexaffäre, wird dem Urteil der Leser überlassen bleiben, die sich demnächst für 13,50 Euro das Buch mit dem Titel „Belle et Bête“ (Schöne und Biest) kaufen können, in dem sich Iacub auf 121 Seiten über ihre Erfahrungen mit Strauss-Kahn auslässt. Diese Woche hätte es in die Buchhandlungen kommen sollen. Doch Strauss-Kahn hatte wegen Verletzung seiner Privatsphäre Klage erhoben und das Verbot des Buchs sowie 100 000 Euro Schadensersatz verlangt. Soweit mochte die Vorsitzende Richterin Anne-Marie Sauteraud der für Pressesachen zuständigen Strafkammer nicht gehen. Sie verurteilte die Autorin zu 50 000 Euro, das Verlagshaus Stock und die linksliberale Wochenzeitschrift „Le nouvel Observateur“, die das Buch auf der Titelseite angekündigt und nebst einem Interview mit der Autorin Auszüge aus ihrem Buch vorab veröffentlicht hatte, zu je 25 000 Euro. Verkauft werden darf das Buch erst, wenn der Verlag jedem Exemplar ein Merkblatt mit der Bekanntgabe der Verurteilung beigefügt hat. Der „nouvel obs“ muss das Urteil in seiner nächsten Ausgabe auf der Titelseite abdrucken. Ein sensationelles Urteil, das für die Beklagten indes milde ausfiel, weil DSK in dem Buch namentlich nicht genannt wird.

Nach der Lektüre des Vorabdrucks gibt es jedoch keinen Zweifel, wen Iacub in ihrem Werks meint, wenn sie ihren Liebhaber nur „cochon“ nennt – auf deutsch heißt das wörtlich „Schwein“, im politisch-korrekten Mediensprech bedeutet es soviel wie „Sex-addict“ oder „Sexbesessener“. Im Interview mit dem „nouvel obs“ berichtete sie, dass sie den früheren IWF-Chef, zu dessen Verteidigung sie nach seiner Verhaftung zur Feder gegriffen hatte, selbst kennenlernen wollte, um seinen Charakter zu ergründen. Dann aber sei sie diesem „reichen, berühmten, menschlichen Schwein“ verfallen. „Ich habe mich in dieses meist verachtete Wesen Frankreichs und des Planeten verliebt“, steht in dem Buch. Zu dieser „Folie“, wie sie es nennt, sei es gekommen, weil sie über ihn ein Buch schreiben wollte. Aus der eingangs zitierten Entschuldigung geht hervor, dass sie sich zu der Annäherung an DSK durch ihre Auftraggeber habe verleiten lassen. Sie hätten sich ihrer bedient, um ihm zu schaden: „Ich musste Dir vormachen, dass ich Dir verfallen bin und verrückt nach Dir war.“

Neugierige, die sich nach den vielen Berichten über den Ex-IWF-Chef, gegen den nach der Affäre in New York in Frankreich wegen Verwicklung in einen Zuhälterring ermittelt wird, aus der Lektüre des Buchs weitere Details aus dessen Sexleben versprechen, werden nach Aussage von Leuten, die es schon in Augenschein nehmen konnten, vermutlich enttäuscht sein. Über Zitate wie dieses soll es nicht hinausgehen: „Du hast mir die Augenlider geleckt, Du hast nicht aufgehört, mein Mascara zu verwischen, Du hast mir gesagt, niemand habe Dich auf diese Weise zum Orgasmus gebracht.“ Zur Begegnung von DSK mit dem New Yorker Zimmermädchen findet sich folgende Aussage: „Nur ein Schwein kann normal finden, dass eine bedauernswerte afrikanische Immigrantin ohne jede Gegenleistung Oralsex mit ihm macht, allein um ihm eine Freude zu bereiten, um demütig seiner Macht zu huldigen.“

Marcela Iacub kam 1989 als Rechtsanwältin aus Argentinien nach Frankreich, wo sie nach einem Philosophiestudium als Spezialistin für Bioethik zum Nationalen Forschungszentrum CNRS stieß. Sie erregte mit Forderungen eines „Rechts auf Prostitution“ und eines „öffentlichen Sexservice“ Aufsehen. Für die linke Zeitung „Libération“ schreibt sie regelmäßig Kolumnen. Dass sie sich auf ein Abenteuer mit DSK einließ, um darüber ein Buch zu schreiben, das weder ein Tatsachenbericht ist noch ein „literarisches Ereignis“, wie der „nouvel obs“ schreibt, ist unerklärlich. Selbst Jean Daniel, der Gründer und langjährige Herausgeber des angesehenen Wochenblatts ist entsetzt: „Wenn ich da gewesen wäre, wäre das nicht gedruckt worden.“ Seinem Blatt wird es allerdings kaum geschadet haben.

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