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Reiches Deutschland. Nach Angaben der Bundesbank befanden sich Ende 2014 insgesamt 1192 Tonnen in Frankfurt am Main, 1447 Tonnen lagern bei der Federal Reserve Bank in New York, 438 Tonnen in London und 307 Tonnen in Paris.

© imago/Hannelore Förster

Das Gold der Bundesbank: Ein rätselhafter Schatz

Die deutsche Regierung weiß zwar, wo die Bundesbank ihre Goldreserven lagert – aber nicht, woher sie stammen. Damit will sich die Grüne Claudia Roth aber nicht zufrieden geben.

Die Bundesregierung weiß zwar, wo der Goldschatz der Bundesbank lagert. Aber sie weiß nicht, wo er herkommt. Das geht aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Claudia Roth (Grüne) hervor. Abgesehen davon werden aber viele Fragen zur historischen Entwicklung der Bundesbank beantwortet. Roth hatte wissen wollen, ob die Bundesregierung angesichts der kurzen, aber brutalen deutschen Kolonialgeschichte schon einmal geklärt habe, „ob bei Abbau und Handel von Teilen der Goldreserven Menschenrechte missachtet oder Konfliktpartien finanziert wurden“. Hat sie offenbar nicht. Denn auf die Frage, welche Nachweise für die Goldkäufe der Bundesbank vorliegen, schreibt Michael Meister (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium: „Hierzu liegen der Bundesregierung derzeit keine Informationen vor.“

Roth ist mit der Antwort nicht zufrieden: „Die Bundesregierung ist nicht in der Lage, nachzuweisen, woher das Gold in ihren Beständen stammt. 70 Jahre nach Auschwitz ist das ein bitterer Befund.“ Sie hätte erwartet, dass die Regierung versuchen würde, sich „schon allein aus historischer Verantwortung heraus Klarheit über die Herkunft des Goldes in unserem Besitz“ zu verschaffen. Da es sich beim zweitgrößten Goldschatz einer Zentralbank nach den USA um eine „ruhende Goldreserve“ handele und die Bundesbank auch nicht vorhabe, neues Gold zu erwerben, sieht die Regierung auch keine Notwendigkeit, sich weitere Gedanken darüber zu machen, wie Gold produziert wird. Roth sagt: „Gold wird bis heute noch unter menschenunwürdigen und umweltzerstörenden Bedingungen abgebaut und gehandelt.“ Sie würde sich wünschen, dass Regierung und Bundesbank bei dem Thema „höchste Sensibilität“ zeigten.

Deutschland investiert in die Zertifizierung von Gold im Ostkongo

Tatsächlich ist das Thema faires Gold für die Bundesregierung schon länger ein Thema, in das sie in Kolumbien, in Ghana, in der Demokratischen Republik Kongo, Ruanda und Burundi investiert. Seit 2009 sind die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) und die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in der Region der großen Seen in Zentralafrika damit beschäftigt, Zertifizierungssysteme für Konfliktrohstoffe wie Koltan, Cassiterite, Wolfram und Gold zu entwickeln. Bisher ist allerdings nur eine Goldmine zertifiziert worden. Die Kampene Mine im Territoire de Pangi, Maniema, einer Nachbarprovinz der umkämpften ostkongolesischen Kivu- Region, ist seit Juli 2014 zertifiziert und damit berechtigt, ihr Gold auf dem internationalen Markt zu verkaufen.

Goldschürfer in der ostkongolesischen Provinz Ituri. Das Foto ist im Jahr 2008 entstanden. Doch die meisten kleinen und zum Teil bis heute illegalen Goldminen sehen so oder so ähnlich aus
Goldschürfer in der ostkongolesischen Provinz Ituri. Das Foto ist im Jahr 2008 entstanden. Doch die meisten kleinen und zum Teil bis heute illegalen Goldminen sehen so oder so ähnlich aus

© Dagmar Dehmer

BGR-Expertin Nathalie Sterbik sagte dem Tagesspiegel: „Die Zertifizierung ist nicht nur auf einen Dokumentennachweis basiert: Die Mine und das Handelshaus wurden besichtigt und die Creuseurs, also Kleinbergbauleute, sowie Mitarbeiter der lokalen Unternehmen, Bergbauinstitutionen und der Regierung sowie Vertreter der traditionellen Autoritäten wurden auch befragt.“ Ein technischer Nachweis, eine Art von eindeutigem Fingerabdruck wie für Koltan, sei allerdings für Gold nicht möglich, sagt die BGR-Expertin Gudrun Franken. Das Entwicklungsministerium hat in die Zertifizierungsprojekte übrigens 9,7 Millionen Euro investiert.

Was ist faires Gold

Das auf dem Weltmarkt seit 2011 gehandelte sogenannte faire Gold stammt aus Goldgräber-Kooperativen in Peru und Kolumbien. Viele Goldschmiede sehen angesichts des geringeren Chemikalieneinsatzes auch „Recyclinggold“ als „faires Gold“. Allein in Berlin werben sechs Goldschmiede mit „fairem Gold“. So ähnlich argumentiert auch die Bundesregierung in ihrer Antwort auf Roths Fragen. Die Goldreserven der Bundesbank stammten aus „geld- und währungspolitischen Transaktionen mit Zentralbanken und supranationalen Institutionen“, schreibt Meister. Im Übrigen unterscheide sich der Goldmarkt grundsätzlich von anderen Märkten dadurch, „dass kaum Ware (Gold) abfließt“. Das Gold werde im Gegenteil seit Beginn seiner Nutzung immer wieder ein- und zusammengeschmolzen. Deshalb lasse sich „für den weitaus größten Teil des vorhandenen und gehandelten Goldes der Abbauort nicht ermitteln“ und auch „die Art der Eigentumsübertragung nicht rekonstruieren“. Weiter heißt es: „Das Spektrum der Goldbestandteile in einem Goldbarren kann praktisch von Gold aus der Antike über das Mittelalter bis in die Neuzeit reichen.“

Es könnte sogar einmal in Deutschland geschürft worden sein, ausgewaschen aus dem Rhein oder aus einem Goldbergwerk in Thüringen oder Bayern. 102 Tonnen deutsches Gold sind im Umlauf, hat Harald Elsner in den „BGR Commodity Top News“ ermittelt. Derzeit fördern deutsche Kieswerke als Nebenprodukt auch Gold, wenn auch nicht in wirtschaftlich relevanten Mengen.

Hat die Bundesbank Raubgold der Nazis im Keller?

Das Bundesbank-Gold könnte aber auch teilweise Raubgold der Nazis sein. Denn das ist nach den Erkenntnissen der „Unabhängigen Expertenkommission Schweiz – Zweiter Weltkrieg“ unter der Leitung von Jean-François Bergier an viele Zentralbanken in aller Welt verkauft worden. Bergier hat seinen Abschlussbericht schon 2002 vorgelegt.

Wenn die Regierung auch nicht weiß, woher die Bundesbank ihr Gold hat, so weiß sie doch wenigstens, wo es ist. Nach Angaben der Bundesbank befanden sich Ende 2014 insgesamt 1192 Tonnen (35,2 Prozent) in Frankfurt am Main, 1447 Tonnen (42,8 Prozent) lagern bei der Federal Reserve Bank in New York, 438 Tonnen (12,9 Prozent) in London und 307 Tonnen (9,1 Prozent) in Paris. Ende Dezember waren diese insgesamt 3384 Tonnen Gold 107 475 Millionen Euro (107,48 Milliarden Euro) wert; der zugrunde liegende Marktpreis lag bei 987,77 Euro pro Feinunze Gold.

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