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Panorama: Das Königshaus ist vielen Briten nicht traurig genug

Empörung über fehlenden Union Jack/ Königshaus: UnterstellungVON HOLGER WUCHOLD LONDON.Dianas Tod hat die Briten verändert.

Empörung über fehlenden Union Jack/ Königshaus: UnterstellungVON HOLGER WUCHOLD LONDON.Dianas Tod hat die Briten verändert.Völlig unbritisch lassen Tausende und Abertausende in aller Öffentlichkeit ihren Gefühlen freien Lauf.Man ist erschüttert, schockiert und nun auch erfolgreich zornig: Die Trauermassen haben der Königin eine Beileidsbekundung abgerungen.Ein unerhörter Vorgang! Die fast revolutionäre Stimmung hat sich an einem leeren Fahnenmast entzündet.Während über allen öffentlichen Gebäuden im Vereinigten Königreich die Fahnen auf Halbmast stehen, ist ausgerechnet auf dem Dach des Buckingham Palastes kein Union Jack zu sehen.Der Hof hat auf den Unmut schnell reagiert.Die Fahne wurde nicht aufgezogen.Doch die königliche Familie erklärte, sie sei verletzt über die Unterstellung daß sie "über den tragishen Tod der Prinzessin von Wales nicht gerührt worden sei." Die Königin werde Diana in einer Fernsehansprache betrauern. Daß die Volkstrauer in Volkszorn gegen die Windors umschlagen könnte, war seit der Todesnachricht abzusehen.Die Prinzessin hatte in den Augen der Bevölkerung die Rolle einer Art "Anti-Royalistin unter den Royals" eingenommen.Diana selbst war sich dessen bewußt.Sie bezeichnete den Hof als "meine Feinde", prangerte die Kälte der Windsors an und sprach ihrem Ex-Gatten die Fähigkeit für den "Top-Job" ab.Nicht nur für die Regenbogenpresse war Diana "die Verstoßene".Auch in jenem BBC-Interview hatte sie diesen Part dargeboten. Auf die Todesmeldung mußte die Königsfamilie falsch reagieren.Wäre Charles nicht nach Paris geflogen, um den Leichnam seiner geschiedenen Frau zu überführen, hätte man ihm Gefühllosigkeit vorgeworfen.Nun, nachdem er der Prinzessin diesen letzten Dienst erwiesen hat, wird ihm von Teilen der britischen Öffentlichkeit Heuchelei unterstellt.Das gleiche gilt für die Königin.Hätte sie sich nicht zurückgehalten, wäre ihr das als schlechtes Gewissen gegenüber ihrer Ex-Schwiegertochter ausgelegt worden. Die britischen Medien haben an dem Volkszorn keinen geringen Anteil.Ebenso wie sie das Bild Dianas prägten, haben sie auch zu einem guten Teil die Trauer bestimmt.Je ausführlicher die Berichterstattung wurde, desto länger wurden die Trauerschlangen.Wie Rekordmeldungen wurde verbreitet, daß die Menschen erst eineinhalb, dann fünf, dann acht, ja elf Stunden Wartezeit auf sich nahmen, um sich in eins der Kondolzenbücher einzutragen.Die Trauer wirkte ansteckend.Und den Windsors, deren Ruhe, Sellbstkontrolle und Diziplin man sonst bewunderte, wurde plötzlich übelgenommen, daß sie nicht in die öffentlichen Klagen einstimmten. Am Samstag wird Großbritannien und die Welt die vielleicht größte Beerdigung aller Zeiten erleben.Die Medien haben die Trauer längst in andere Länder weitergetragen.Flüge und Hotels sind beinahe ausgebucht.Die unheimliche Verehrung, die Diana nach ihrem Tod entgegen gebracht wird, ist auch Ausdruck der Krise, in der sich die britische Monarchie befindet.Die Ursache dafür ist Diana nicht.Die Briten werden sich früher oder später wieder mit Elisabeth, Charles und Philip und Anne und auch Camilla arrangieren.Für die Abschaffung der Monarchie bedarf es handfestere Gründe.

HOLGER WUCHOLD

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