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Panorama: Das Opfer stellt Dutroux zur Rede

Sabine Dardenne liefert sich einen Schlagabtausch mit ihrem Entführer – die zweite Überlebende schildert ihre Qualen

Es war ein heftiges Wortgefecht, das sich Sabine Dardenne am Dienstag mit dem Angeklagten Marc Dutroux lieferte. Sie vertritt nicht die Ansicht, dass Dutroux Hintermänner gehabt habe. Dutroux, so sagte sie, solle ihr erklären, warum sie nicht in einem Pädophilen-Netzwerk seines Mittäters Nihoul verschwunden sei, das Dutroux immer wieder als Auftraggeber nennt. Er erwiderte, er habe nicht gehandelt wie von ihm verlangt worden sei: „Ich habe sie nicht an Nihoul gegeben, damit sie nicht wie An und Eefje getötet würde.“ Er habe sich Sabine nach einiger Zeit verbunden gefühlt und sie darum beschützen wollen. „Da muss ich Ihnen sogar dankbar sein, oder was?“, fragte die junge Frau.

Fassungslos und aufgebracht

„Ich bin sehr einsam gewesen und wurde fast jeden zweiten Tag missbraucht“, sagte sie. Dutroux sagte dazu, Sabine habe ihm monatelang mit dem Wunsch nach einer Freundin in den Ohren gelegen. Danach habe er die damals 14-jährige Laetitia Delhez entführt. Dardenne reagierte aufgebracht auf die Unterstellung, sie sei schuld an der Entführung von Laetitia Delhez: „Können wir ihn nicht bitten, den Mund zu halten?“

Am Dienstag schilderte Laetitia Delhez als zweite Überlebende erstmals in aller Klarheit den brutalen Missbrauch durch Dutroux. „Er fragte mich: Tut das weh?“, berichtete die 22-Jährige den schockierten Prozessteilnehmern über ihre mehrfache Vergewaltigung durch Dutroux. Reue habe ihr Peiniger allerdings nie gezeigt. Er habe sogar gelacht, während er sich an ihr verging. Viele Fragen kann sie aber nicht beantworten, weil sie sich wegen häufiger Betäubung nicht mehr an die Details erinnert. Nur ein Detail treibt Belgien bis heute um: Am ersten Tag ihrer Gefangenschaft registrierte sie, wie Dutroux drei Telefongespräche mit einem Michel führte und dabei sagte: „Es hat geklappt." Laut Anklage ist das einer der Beweise, die den Mitangeklagten Michel Nihoul mit Laetitias Entführung verbinden. Laetitia Delhez ist im Gegensatz zu Sabine Dardenne der Ansicht, Dutroux habe Hintermänner gehabt. Diese Version stützt fatalerweise die Verteidigungsstrategie des Angeklagten, der das Gleiche behauptet und damit seine Schuld herabsetzen und den Prozess in die Länge ziehen will.

An diesem Tag hat auch Dutroux in seiner unnachahmlichen Art, sich selbst zu überschätzen, das Bedürfnis, die Anwesenden für sich einzunehmen. „Mir ist klar geworden, wie viel Böses ich Ihnen angetan habe", setzt er an. Da ist Laetitia schon draußen. Ihre Leidensgenossin Sabine verlor angesichts dieser Kaltschnäuzigkeit die Fassung: „Um es vulgär zu sagen: Er kann damit krepieren.“

Klaus Bachmann[Arlon]

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