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Panorama: Daschner fällt nach oben

Der wegen Folterandrohung verurteilte frühere Vizechef der Frankfurter Polizei wird Präsidiumsleiter

Wiesbaden - Die Folterdrohungen im Entführungsfall Jakob von Metzler bleiben für den Frankfurter Vizepolizeipräsidenten Wolfgang Daschner ohne disziplinarische Folgen. Nach seiner straffreien Verurteilung wegen Nötigung wurden am Dienstag auch die beamten- und disziplinarrechtlichen Ermittlungen gegen den 62 Jahre alten Polizisten eingestellt. Er kehrt aber nicht auf seinen alten Posten zurück, wie Hessens Innenminister Volker Bouffier (CDU) anordnete.

Daschner soll zunächst kommissarisch das für die Ausrüstung der gesamten hessischen Polizei zuständige Präsidium für Technik, Logistik und Verwaltung (PTLV) in Wiesbaden leiten. Der Chefposten dort ist nach Ministeriumsangaben höher eingestuft als der Vertreterposten in Frankfurt. Daschner werde aber seine bisherigen Bezüge behalten, sagte Sprecher Michael Bußer.

Das Disziplinarverfahren gegen Daschner sei eingestellt worden, weil sich gegenüber dem Strafprozess keine neuen Sachverhalte ergeben hätten, die nicht schon rechtlich gewürdigt worden seien. Daschner wurde vom Ministerium zitiert mit den Worten: „Ich freue mich auf meine neue Herausforderung.“ Das Landgericht Frankfurt hatte Daschner im Dezember vergangenen Jahres der Nötigung für schuldig befunden, ihm eine Geldstrafe aber nur angedroht. Er hatte im Entführungsfall Jakob von Metzler den Täter Magnus Gäfgen mit massiver Gewalt bedrohen lassen, falls dieser das Geiselversteck nicht nenne. Daschners von ihm selbst protokolliertes Vorgehen, das der Tagesspiegel seinerzeit enthüllte, hatte eine Diskussion um die Zulässigkeit von Folter ausgelöst. Das Landgericht hielt Daschner später Verfassungsbruch vor.

Die SPD kritisierte die jetzige Entscheidung. „Herr Daschner wird disziplinarrechtlich nicht belangt, sondern mit einer Behördenleitung quasi noch belohnt“, sagte ihr innenpolitischer Sprecher Günter Rudolph. Es sei aber richtig, ihn nicht mehr in Frankfurt einzusetzen. Die CDU bezeichnete die Entscheidung Bouffiers als „äußerst klug“. Die Gewerkschaft der Polizei hatte eine Rückkehr Daschners nach Frankfurt gefordert.

Das Präsidium für Technik, Logistik und Verwaltung, das Daschner leiten wird, steht im Zentrum einer Korruptionsaffäre. Es ist für die Ausstattung der hessischen Polizei mit Computern, Handys und anderem technischen Gerät zuständig. Wegen Untreue ist ein ehemaliger Hauptsachgebietleiter dieser Dienststelle, Helmut H., bereits zu 8100 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Seit gut acht Wochen sitzt er außerdem wegen Betrugsverdachts in Untersuchungshaft. Obwohl intern bereits 1999 unter Verdacht geraten, hatte er im Jahr 2000 Gelegenheit, vom Mobilfunkbetreiber Mannesmann 300000 Euro auf eigene Konten umzuleiten.

Im gleichen Jahr soll er weitere 623000 Euro „Gratifikation“ für die Beschaffung von Handykarten erhalten und später eine Rechnung bei einer Softwarefirma um 100000 Euro „aufgestockt“ haben. Erst 2003, als der ungetreue Beamte erneut zugeschlagen hatte, wurde er gefeuert. Die Landtagsopposition in Wiesbaden will heute in einer Ausschusssitzung klären, warum der Beamte noch Verfügungen treffen konnte, obwohl gegen ihn ermittelt wurde; sie wirft dem Innenminister außerdem vor, den Landtag falsch informiert zu haben und denkt über einen Untersuchungsausschuss nach.

Mit dem Korruptionsfall habe die Abordnung Daschners in das Technikpräsidium nichts zu tun, versichert unterdessen Ministeriumssprecher Michael Bußer. Ohne Namen zu nennen, teilte der Minister lakonisch mit, die bisherige Amtsleitung sei zum Ministerium abgeordnet worden. Betroffen davon ist nicht irgendwer, sondern der bisherige Präsident Sedlak und sein Stellvertreter Heymach, zuständig für 371 Mitarbeiter. (mit dpa)

Christoph Schmidt-Lunau

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