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Panorama: Der Couchtisch: Eine Insel inmitten der Polstergarnitur - Neue Modelle setzen auf flexibles Wohnen

Der Couchtisch ist eine junge Entdeckung. Anfang des letzten Jahrhunderts saß man noch an hochbeinigen Tischen in der gezierten Guten Stube.

Der Couchtisch ist eine junge Entdeckung. Anfang des letzten Jahrhunderts saß man noch an hochbeinigen Tischen in der gezierten Guten Stube. Es dauerte bis in die fünfziger Jahre, bis sich eine legere, bodennahe Gemütlichkeit in den Wohnungen endgültig durchsetzte: die Sofaecke. Die Krönung dieser im Wohnzimmer arrangierten familienfreundlichen Parzelle, bestehend aus Stehlampe, Sofa und Sessel, ist der kniehohe Couchtisch, der inmitten der Polstergarnitur wie ein heiliger Ruhepol zentriert wird.

Der flache Tisch schafft eine Art moderne Feuerstelle des Wohnzimmers. An ihm kommt man zusammen, plaudert, kommuniziert oder entspannt sich. Er dient sowohl als praktischer Abstellplatz wie als dekorativ nutzbare Fläche. Nicht selten wird das Möbel als harmonische Einheit mit den Polstermöbeln entworfen. Aber auch als eigenständiges Wohnaccessoire hat es Tradition. Die Vielfalt ist beeindruckend. Es gibt organisch runde, kantige, zweistöckige oder rollbare Tische, es gibt Varianten zum Aufklappen oder Auseinanderziehen, schlichte Modelle aus Holz oder mit Glasplatte und Stahlrohr.

Ganz unumstritten ist der Couchtisch allerdings nicht. Ein komplett inszeniertes Couchtischecken-Ensemble verkleinert und verstellt freie Flächen, der Raum verliert seine Größe und Transparenz. Auch die Beinfreiheit leidet, wenn der Tisch direkt vor dem Sofa platziert ist. Die moderne Sofaecke als geschlossene Wohlfühlmonade ist dann inzwischen auch lockerer arrangiert. Eine neue Generation von Couchtischen trägt dem Trend des flexiblen Wohnens Rechnung. Sie schaffen weniger ein unverrückbares Ensemble, denn einen offen und frei zugänglichen Wohnbereich.

Zu den Klassikern unter den Couchtischen zählen nach wie vor die Glasvarianten wie sie in den Dreißigern mit Entwürfen von Ludwig Mies van der Rohe und Pietro Chiesa berühmt wurden. Der Vorteil dieser allerdings sehr pflegeanfälligen Möbel ist die Transparenz. Ein schöner Teppich kommt auch unter einem solchen Tisch noch zur Geltung und gleichzeitig wird weder der Raum verstellt noch die anderen Möbel in ihrer Optik zugebaut - vielmehr wird die gewohnte Enge einer Sitzgruppe aufgelockert.

Moderne Glas-Couchtische mit elegant verspieltem Touch bietet die italienische Firma "NAOS" (bei: "Maison"). Ovale oder eckige Glasplatten liegen hier auf frei beweglichen Stahlrohrarmen, die je nach Wunsch verschoben werden können. Dass sich die Lust an beweglichen Möbelelementen vor allem bei den Accessoires auslebt, beweisen auch die Couchtische der Firma "Leolux", die zum Teil abenteuerliche Verschiebevarianten verbergen, sich wie die Flügel einer Stubenfliege öffnen oder in deren Sockel sich hinter Rollädenschränken Minibar, Hocker oder Beistelltische verstauen lassen. Der Trend zur Flexibilit ist bei Couchtischen ein großes Thema. Ein Renner ist zur Zeit der von dem Designer Bernhard Vuarnesson für die Firma "Bellato" entworfene Couchtisch "Alternative" (bei: "Bellaform" oder "Conran-Shop"). Bei diesem schlicht verschachtelten Holztisch mit relativ kleinen Massen hat man die Möglichkeit, farbige Laminatplatten herauszuziehen und neu zu arrangieren, so dass sich die Tischfläche je nach Anlass vergrößern und erweitern lässt. Das Möbel wirkt zwar durch die Kombination von Farbe und hellem Holz und durch die an alte Griffelkästen erinnernde Schiebetechnik verspielt, doch gleichzeitig auch mit seiner asiatischen Ästhetik sehr minimalistisch.

Ein interessantes Couchtisch-Modell im Retrostil der sechziger Jahre hat die Firma Zanotta auf der diesjährigen Kölner Möbelmesse vorgestellt. "Greggy" heißt der Tisch, der zu der von Emaf Progetti entworfenen Möbelserie "Greg" gehört (bei: "Sarnes"). Seine Füße aus polierter Aluminiumlegierung sind kaum höher als ein Flokati. Auf ihnen liegt eine kantig robuste Schichtholzplatte. Gerade in den klaren Glanzlackfarben wie Rot, Olive oder Orange hat "Greggy" seinen Reiz. Das äußerst flache Möbel ist vor allem dekoratives Gestaltungselement und betont mit reduzierter Optik geschickt die horizontale Linie.

Eine ganz neue Generation an Couchtischen hat sich in den letzten Jahren etwa aus Hockern entwickelt. Diese bequemen Fuß- und Wadenstützen für Sofa und Sessel, die lange als Inbegriff der Spießbürgerlichkeit verschrieen waren, erleben als schlichtes Mulitfunktionsmöbel ein großes Comeback. Diverse Varianten von gepolsterten Hockern werden angeboten, die sich sowohl als Sitzmöbel, denn als Abstellgelegenheit eignen und einer Sofaecke entweder den gewünschten farblichen Kontrast geben oder sich mit gleichem Design harmonisch in eine Sitzgruppe einfügen.

"Charles" nennt sich etwa eine überzeugend schöne Möbelfamilie der italienischen Firma "B&B Italia", die von dem Designer Antonio Citterio entworfen wurde und neben Sofa, Pouf, Chaise Longue auch einen quadratischen Hocker umfasst. Das Möbel mit betont zierlichen Füßen aus Aluminiumdruckguss ist in seinem Erscheinungsbild äußerst reduziert.

Die Funktion des Hockers kann der Benutzer selbst erfinden. Da die Polsterung hart ist, kann man auf dem Hocker-Tisch problemlos mit Teekanne und Tassen wie zum Picknick Platz nehmen. Und da "Charly" sehr groß ist (120 cm x 120 cm), lässt sich auf seiner quadratischen Fläche bequem eine Zeitung aufschlagen oder ein legerer Meetingpoint im Büro inszenieren.

Andere Varianten dieser als Couchtisch neu entdeckten Hocker bietet etwa der "Conran Shop". Die schwimmbadblau oder mintgrün bezogenen Polstertische mit Holzbeinen sehen aus wie eine moderne Wiederauferstehung der Laura Ashley-Ästhetik. Auch hier bleiben die Verwendungsmöglichkeiten angenehm unbestimmt. Selbst als sogenannter Betttisch ist das rechteckige Möbel vorstellbar, um darauf die Kleider und Jacketts wie an einem stillen Diener abzulegen.

Sowohl zum Sitzen als auch zum Abstellen von dekorativen Alltagsdingen eignet sich der Bank-Tisch Maxalto von "Apta Collection" (bei "Minimum"). Die Füße sind aus satiniertem, vernickelten Stahl. Die Platte, die eine leichte Wölbung macht, ist aus dem schön strukturierten Holz Wengé gearbeitet.

Mit der Doppelfunktion Bank und Tisch knüpft man an alte Traditionen an. Bereits in den fünfziger Jahre gehörte die sogenannte "Bank Y" von Harry Bertoia, zu den teuren Lieblingen eines luxuriösen Innendesigns und wurde als Couchtisch zum Klassiker.

Als Alternative zu Couchtischen bleibt immer noch die Möglichkeit auf ihre kleineren, meist langbeinigeren Geschwister zurückzugreifen: die Beistelltische. Sie werden nicht vor, sondern dezent links und rechts bei den Armlehnen des Sofas arrangiert. Nicht explizit als Beistelltisch gestaltet, aber wunderbar dafür geeignet, sind die von Matthias Hickel entworfenen "MULTI-X" Sitzmöbel (nur bei "Minimum" in Berlin). Diese skulpturartigen Sitzhocker, die aus einem Eichenstamm individuell gefertigt sind, wirken durch ihr Material zwar schwer, erwecken aber durch ihre lebendige Form den Eindruck, als würden sie spazieren gehen, sich bewegen - weg von der Sofaecke, hin zu mehr Freiraum.

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