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Panorama: Der diskrete Zynismus von DSDS

Die Regeln des Privatsenders RTL für die Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS) sind eisenhart. Kandidat Helmut Orosz hatte sich vor der Sendung am vergangenen Samstag ordentlich Kokain in die Nase gezogen, da haben sie den 30-Jährigen rausgeschmissen.

Die Regeln des Privatsenders RTL für die Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS) sind eisenhart. Kandidat Helmut Orosz hatte sich vor der Sendung am vergangenen Samstag ordentlich Kokain in die Nase gezogen, da haben sie den 30-Jährigen rausgeschmissen. Mit fester Stimme sagte RTL-Sprecherin Anke Eickmeyer am Montag, „wir tolerieren keinen Drogenkonsum bei Kandidaten von DSDS“. Fast sieben Millionen Zuschauer würden die Show Woche für Woche einschalten, „darunter viele Kinder ebenso wie ganze Familien“. Tatsächlich ist die Haltung von RTL zwiespältig, wenn nicht zynisch. Wieder Eickmeyer: „Die Kandidaten sollten sich während des Wettbewerbs vorbildlich verhalten.“ Was vorher war, was nachher sein wird, scheint den Privatsender nicht zu bekümmern. Klar, „DSDS“ ist keine Resozialisierungsmaßnahme mit den Mitteln einer Fernsehshow. Das ist TV-Entertainment nach den Gesetzen des Quotenerfolgs. Die RTL-Sendung engagiert gar zu gerne Biografien der gebrochenen Art. Menowin, 22 und ebenfalls Kandidat der aktuellen Staffel, ist vorbestraft, er hat drei Kinder mit seiner Cousine gezeugt, seine Ex-Freundin ist mit ihm verwandt, sie haben den gleichen Großvater.

Da fehlt nichts, daraus lässt sich für die Show was machen, Juror Dieter Bohlen umarmt Menowin (heißt wirklich so), es entfaltet sich die herzrührende Story vom Prekariatsbewohner, der raus aus dem Dreck will, dem Gott, der Gerechte, eine Stimme gegeben hat. Singen ist wahrlich keine Sünde, Millionen Deutsche singen, Singen hebt, die Menowin-Gemeinde bebt. Jetzt bloß nicht klauen, schwängern oder sonstwie verhaltensauffällig werden! Helmut Orosz, vorbestraft wegen Steuerhinterziehung und Körperverletzung und nur auf Bewährung unter den Mitmenschen, hat trotz seiner 30 Jahre nicht begriffen, was RTL wirklich verlangt. Eine greifbare, begreifbare Biografie mit der Tendenz von oben nach unten (oder von unten nach oben), die sich während der „DSDS“-Monate prächtig ausschlachten lässt und deren „dark rooms“ für diese Zeit geschlossen bleiben. Danach kann Helmut O. Drogen missbrauchen, wie er will, aber keinesfalls darf er das, wenn Showtime ist. „DSDS“ will clean sein, reiner Wettbewerb, selbst wenn die Kandidaten bevorzugt im Menschenzoo, Abteilung Prekär, gecastet worden sind. Wer also während der laufenden Konkurrenz kokst, der wird, so sagt Bohlen streng, „es mit dieser Einstellung in diesem Beruf zu nichts bringen“. Sprecherin Eickmeyer: „Wir hoffen, dass sich Helmut professionelle Hilfe holt und wünschen ihm alles Gute für die Zukunft.“ Danke und tschüss. Helmut O. hofft, dass seine Familie auch weiter hinter ihm steht. Das ist ihm wirklich zu wünschen, RTL ist raus aus der Hilfsnummer „DSDS für Helmut“. Die Zuschauer haben das alles nicht begriffen. Sie haben Orosz trotz seines schwachen Auftritts in die nächste Runde gewählt und Manuel Hoffmann rausgeschmissen. RTL und die Produktion Grundy Light drehen das Ergebnis um. Manuel Hoffmann rückt für Helmut Orosz nach. RTL sieht keinen Imageschaden für die Show.

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