zum Hauptinhalt

Panorama: Der Fluch der Seuchen: Was können wir noch essen?

Ja: Die Bilder brennender Schweine sind einfach schauderhaft. Und auch sie lösen beim sensiblen Verbraucher wieder den bekannten Ekel-Reflex aus: Was können wir denn jetzt überhaupt noch essen?

Ja: Die Bilder brennender Schweine sind einfach schauderhaft. Und auch sie lösen beim sensiblen Verbraucher wieder den bekannten Ekel-Reflex aus: Was können wir denn jetzt überhaupt noch essen? Vernünftig im strengen Sinn ist diese Reaktion nicht, denn jeder appetitliche Schweinebraten setzt ja voraus, dass ein Tier erst getötet und dann kräftig angebrannt wird. Und vernünftig ist die Reaktion auch deswegen nicht, weil es um die Maul- und Klauenseuche geht, die dem Menschen ja nach allen Erkenntnissen nichts anhaben kann.

Verständlich und nahe liegend ist der Abscheu dennoch. Die Natur, so scheint es, hat sich gegen ihren Hauptnutzer verschworen und entlässt in regelmäßigen Abständen hässliche Plagen: Salmonellen und Listerien, Fischwürmer und BSE-Prionen; hinzu kommen die Probleme eindeutig menschlicher Herkunft wie Phosphate, Antibiotika und andere pharmazeutische Überraschungen. All diese Dinge haben wenig miteinander zu tun; sie treten massenhaft bis extrem selten auf, sind harmlos oder extrem gefährlich, sofort nach der Aufnahme oder Jahrzehnte danach. Wenn es eine nahe liegende Reaktion auf alle Skandale und Skandälchen gibt, dann besteht sie wohl im resignierten vollständigen Verzicht auf Fleisch und Fisch - den die meisten Ernährungswissenschaftler wiederum riskant finden.

In all der Aufregung wird leicht übersehen, dass jedes neue Gesundheitsrisiko in der Ernährung auch positive Wirkungen hat. Es dürfte noch nie in der Geschichte des Essens so sorgfältige Fleischkontrollen gegeben haben; die Verfechter von Pharma-Kuh und Turboschwein haben längst den argumentativen Boden unter den Füßen verloren, und so spricht nichts dagegen, in Maßen Rind und Schwein, Schinken und Wurst zu essen - nur eben vom seriösen Erzeuger, der seine Qualitätsansprüche nicht dem Preisdiktat von Supermarktketten opfert. Fisch war - trotz einiger aufgebauschter Empör-Kampagnen - ohnehin nie ein gravierendes Problem.

Eine andere Folgerung aus den aktuellen Schlagzeilen hingegen wäre fatal: Zuflucht zu suchen beim vermeintlich sauberen, kontrollierten Industrieprodukt. Denn die wirklich großen Risiken der Ernährung stecken in den Tüten, Dosen und Flaschen der Nahrungsmittelindustrie, die oft mehr Aromen, Bindemittel, Emulgatoren, Farbzusätze und andere unbekannte Gefahrstoffe und Allergene enthalten als natürliche Grundzutaten - geduldet, oft regelrecht gebilligt von Regierungen und internationalen Institutionen. Ein weites Feld für unsere Verbraucherschutzministerin, die sich von den angeblich so Fast-Food-verseuchten USA inspirieren lassen sollte: Dort gibt es eine effektive staatliche Behörde für Lebensmittelsicherheit, deren schärfste Waffen Information und Transparenz sind. In Europa dagegen lassen wir uns von den Rauchschwaden der toten Schweine immer noch den Blick vernebeln.

Zur Startseite