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Panorama: Der freie Wille wankt

Das Hirn entscheidet, bevor es uns bewusst ist

Berlin - Schon mehrere Sekunden, bevor wir eine Entscheidung bewusst treffen, lässt sich die Vorbereitung der Entscheidung im Gehirn ablesen. Zu diesem Schluss kommt ein Team um den Hirnforscher John-Dylan Haynes von der Berliner Charité.

Die Wissenschaftler baten Testpersonen, im Kernspintomografen entweder mit der rechten oder mit der linken Hand einen Knopf zu betätigen. Anschließend sollten sie angeben, zu welchem Zeitpunkt sie ihre Entscheidung gefällt hatten. Das Ergebnis: Bereits sieben Sekunden vor der bewussten Entscheidung ließ sich anhand der Aktivität im Stirnhirn vorhersagen, welche Hand die Testperson bewegen würde. Zwar lagen die Forscher mit ihren Prognosen nur in etwa 60 Prozent richtig. Dies liegt aber zumindest über dem Zufallsniveau (50 Prozent). Die Studie wurde am Sonntag vorab in der Onlineausgabe des Fachmagazins „Nature neuroscience“ veröffentlicht.

Schon vor über 20 Jahren hatte der US-Hirnforscher Benjamin Libet mithilfe von Hirnstrommessungen Ähnliches festgestellt. Seitdem diskutieren Hirnforscher und Philosophen erneut über die Frage, was es mit der Willensfreiheit des Menschen auf sich hat. Sind wir wirklich so frei, wie wir meinen?

Endgültige Antworten liefern freilich auch die neuen Experimente nicht. „Nach unseren Erkenntnissen werden Entscheidungen zwar unbewusst vorbereitet“, sagt Studienleiter Haynes. „Wir wissen aber noch nicht, wo sie getroffen werden.“ Unklar ist vor allem, ob sich der Mensch nach der Planung noch umentscheiden kann.

Die Erkenntnisse könnten nach Angaben der Wissenschaftler für die Entwicklung von Hirn-Computer-Schnittstellen nützlich sein. Derartige Schnittstellen ermöglichen es gelähmten Menschen, mit Hirnströmen elektrische Geräte zu bedienen. bas

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