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Panorama: Der Mars ist möglich

US-Präsident Bush will Amerikaner zum Roten Planeten schicken. Experten halten solche Pläne für machbar – doch nicht jeder ist euphorisch

Von Andreas Oswald

Die einen werden euphorisch, die anderen sind skeptisch. Einen Tag nach Bekanntwerden der Pläne von US-Präsident Bush, Amerikaner zum Mars zu schicken, stellte sich die Frage, ob und mit welchen Mitteln dies möglich sein könnte. Eine andere Frage ist weiterhin, ob es sich nur um einen Propagandacoup des Präsidenten handelt, der negative Irak-Schlagzeilen verdrängen will.

Die Eroberung ferner Planeten ist ein alter Traum. Dass der Stoff zahlreicher B-Pictures einmal Wirklichkeit werden könnte, daran lassen Experten keinen Zweifel.

„Ja, es ist technisch möglich, dass Menschen zum Mars fliegen“, sagte Klaus Berge, Direktor für Raumfahrtprojekte des Deutschen Zentrums für Luft-und Raumfahrt (DLR) am Samstag dem Tagesspiegel.

Die Pläne, die Bush am Mittwoch verkünden will, sehen vor, dass zunächst eine bemannte Station auf dem Mond errichtet wird und anschließend von dort aus eine bemannte Mission zum Mars erfolgt.

In 20 Jahren auf den Mars

„Mit heutiger Raketentechnik wie einer Ariane 5 lassen sich Nutzlasten zum Mond befördern“, sagt Berge. Nach und nach ließe sich dort eine Station errichten, die die eigentliche Marsmission vorbereitet.

Nach amerikanischen Vorstellungen dauert es etwa zehn Jahre, die Station auf dem Mond zu errichten. Nach Angaben von Berge würde es 15 bis 20 Jahre dauern, bis Menschen auf dem Mars landen würden.

Der Grund, warum der Mond die Ausgangsbasis für die Marsexpedition sein soll, ist seine geringe Anziehungskraft. Sie beträgt nur ein Bruchteil der der Erde. Dadurch ist weniger Energie nötig. Für den Antrieb einer Mars-Rakete wollen die Amerikaner einen neuen nuklearen Antrieb entwickeln. Dieser dürfte in der Erdatmosphäre wegen Gefahren nicht zur Anwendung kommen.

Gänzlich unklar ist, wieviel das ganze Unternehmen kosten wird. Sowohl die Nasa als auch die US-Administration hielt sich am Samstag bedeckt.

Nach Angaben der „New York Times“ will Bush beantragen, dass das Budget der Nasa jährlich um fünf Prozent erhöht wird. Es beträgt derzeit 14 Milliarden Dollar im Jahr. Zudem sollen die Aktivitäten auf das Mars-Projekt konzentriert werden und andere Bereiche fallengelassen werden. Auf diese Weise stünden im Laufe der Jahre große Summen zur Verfügung. Es müsste nicht von einem auf den anderen Tag gigantische Mittel bereitgestellt werden.

Auch amerikanische Wissenschaftler meldeten sich am Samstag zu Wort, mit dem Tenor, das Ziel könne unter bestimmten Bedingungen erreicht werden. Der Plan könne gelingen, sagte Bruce C. Murray, der frühere Direktor des Jet Propulsion Laboratory der Nasa gegenüber der „New York Times“.

Skeptiker wenden ein, dass die Nasa in den letzten Jahren eher durch Satellitenausfälle und eine explodierte „Columbia“-Raumfähre mit toten Astronauten Schlagzeilen gemacht habe. Zwar sei die jüngste Mars-Mission bis jetzt weitgehend erfolgreich, aber das Fahrzeug hat noch immer Probleme beim „Ausparken“, es kann nicht losfahren, weil die Airbags im Weg liegen.

„Die Nasa ist fett geworden“, sagte Rick N. Tumlinson, Gründer der Space Frontier Foundation, der „New York Times“. „Die Nasa ist wie ein ehemaliger Olympia-Athlet, der auf der Couch sitzt, Kartoffelchips isst und Bier trinkt, während er vor dem Bildschirm Wiederholungen alter Heldentaten anschaut“, sagt Tumlinson. Das Entscheidende seien weniger die Etaterhöhungen als vielmehr eine komplette Restrukturierung der Nasa mit Schließungen von Abteilungen und dem Aufbau neuer, um neue Talente anzulocken.

Eine andere Kritik kommt aus der Politik, sie wird vom Bush-Lager in gewisser Weise bestätigt. Howard Dean, Hoffnungsträger der Demokraten bei den Vorwahlen für die Präsidentschaftskandidatur, vermutet politische Motive hinter den Plänen Bushs. Er sei immer ein begeisterter Anhänger der Weltraumerkundung gewesen, sagte er, stellte aber die Frage: „Wo ist die Steuererhöhung, um das zu bezahlen? Der Plan ist es nicht wert, dass dabei das Land bankrott geht.“ Die Demokraten weisen darauf hin, dass es wichtig sei, sich um das Gesundheitswesen, die Bildung und die Renten zu kümmern, Probleme, die auf der Erde ungelöst seien.

Politische Bedenken

Der Republikaner Newt Gingrich, ehemaliger Präsident des Repräsentantenhauses, wurde von der „New York Times“ mit den Worten zitiert: „Wenn dieser Plan die Schlagzeilen beherrscht, geht es in die richtige Richtung und hat signifikante langfristige politische Vorteile. Diejenigen, die aufstehen und sagen, ,geht nicht auf den Mond und nicht zum Mars’, stehen schlecht da, weil sie gegen 250 Jahre Optimismus in Amerikas Geschichte stehen.“

Optimistisch dürften auch einige amerikanische Unternehmen sein. Boeing, in letzter Zeit nicht gerade von guten Zahlen verwöhnt, stieg am Freitag an der Börse nach Bekanntwerden der Pläne – gegen den Markttrend – um zwei Prozent. Gegen Ende der Börsensitzung sank der Kurs etwas, entweder wegen der negativen Entwicklung des Gesamtmarktes, oder: Wenn die Pläne verwirklicht werden, dann könnte der Bau einer Mondstation das Aus für die derzeitige Internationale Raumstation (ISS) bedeuten, an der Boeing groß beteiligt ist.

Optimistisch sind derweil deutsche Wissenschaftler. Zwar handelt es sich um amerikanische Pläne, aber DLR-Direktor Berge ist zuversichtlich: „Es ist gut möglich, dass Bush uns auffordert, dass wir uns beteiligen.“

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