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Panorama: Der Schwindel mit den Diamanten

Geschäftsführer der Firma "Noble House" muß sich vor Gericht verantworten. Fall 63 ist besonders krass: Für 104 400 Mark brachte der Verkäufer der Wiesbadener Firma "Noble House" den Diamanten an den Mann.

Geschäftsführer der Firma "Noble House" muß sich vor Gericht verantworten. Fall 63 ist besonders krass: Für 104 400 Mark brachte der Verkäufer der Wiesbadener Firma "Noble House" den Diamanten an den Mann. Dem Käufer wurde eine Rendite "jenseits der 30 Prozent" versprochen. Tatsächlich ist der Stein laut Sachverständigengutachten "8000 Mark plus minus zehn Prozent" wert. Der Kunde blieb auf seiner vermeintlich sicheren Geldanlage sitzen.86 solcher "Fälle" verhandelt derzeit die 1.Strafkammer des Wiesbadener Landgerichts. 427 Seiten hat die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklageschrift zusammengetragen. Wegen vielfachen Betruges sitzt der frühere "Noble House" Geschäftsführer Uwe B. auf der Anklagebank. Anders als in Hochglanzprospekten versprochen, verkaufte die Firma nämlich die Diamanten nicht "einmalig günstig", sondern für das vielfache, in Einzelfällen für das zehnfache, des tatsächlichen Werts. In den angeklagten 86 Fällen ist ein Schaden von 2,5 Millionen Mark nachgewiesen. Auf einen zweistelligen Millionenbetrag schätzen Insider den Gesamtschaden, der allzu leichtgläubigen Anlegern entstanden ist. Drei Jahre lang klingelte bei "Noble House" die Kasse, bis 1994 das Geschäft aufflog. Noch kurz davor übernahm eine Firma aus Panama die Schwindelfirma. Auf einem Konto in Mittelamerika werden die Millionengewinne vermutet. Gegen den Chef der Diamantenverkäufer wird erst jetzt verhandelt, weil er sich 1994 zunächst ins Ausland abgesetzt hatte. Die von ihm gestellte Kaution von zwei Millionen Mark hatte er ohnehin abschreiben müssen: Geprellte Kunden hatten per Gerichtsbeschluß ihre Hand auf das Geld gelegt. Als Señor "Fritz Carlos van Guttmann-Sanchez" ging Uwe B. im August in Südafrika der Polizei ins Netz, als er dort einen Beamten bestechen wollte, der seinen Namen im Polizeicomputer löschen sollte. Er reiste auch schon mal als "Michael May". So phantasievoll wie seine falschen Namen sind auch die Firmengründungen und Geschäftsideen des gelernten "Großhandelskaufmanns". Aus dem Branchenbuch suchte er sich Adressen von möglichen Kunden. Für ein Lockangebot ließ man sogar etwas springen. Beim ersten Diamantengeschäft kaufte die "Noble House" den kleinen Stein nach ein paar Wochen zurück, mit zehn Prozent "Aufschlag". Das machte die Anleger "heiß". Bei den Folgegeschäften gab es die Rückkaufgarantien nur mündlich, auf den Rechnungen stand sogar schwarz auf weiß das Gegenteil; wenn dann Kunden irritiert nachfragten, gab es zur Beruhigung die - falsche - Zusage: "Das müssen wir draufschreiben, selbstverständlich gilt die Rückkaufgarantie." Um die ungewöhnlich hohen Renditen zu erklären, erfand die noble Truppe zahlreiche Geschichten: Da hatte man angeblich in Holland Steine zu Preisen "13 Prozent günstiger als auf dem Weltmarkt" gekauft, da waren Steine zu besonders hohen Preisen bereits "nach Japan" weiterverkauft, sollten bei den Anlegern nur "zwischengelagert" werden. Wer hohe Renditen wittert, wird leichtgläubig. B. will sich in seinem Prozeß weder zur Person noch zur Sache einlassen - "vorerst". In feinem Zwirn, mit poppiger Krawatte und gepflegter Lockenpracht, verfolgt er die Verhandlung und schaut noch jetzt ungläubig drein, wenn seine ehemaligen Kunden ihre bitteren Erfahrungen ausbreiten. Da sind Existenzen zusammengebrochen, kleine Handwerker haben ebenso verloren wie ein Ingenieur, der all seine Ersparnisse los ist, "mehr als 360 000 Mark". Der geprellte Mann leiert noch heute die Werbesprüche der Telefonverkäufer herunter, als ihn einer der Verteidiger ungläubig fragt, weshalb er bei "Noble House" gekauft habe, obwohl die Versprechungen doch so unwahrscheinlich klingen mußten.

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