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Feuertod

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Dessauer Feuertod-Prozess: Staatsanwalt prüft Anklage wegen Falschaussage

Die Welle der Empörung über das Urteil im Fall des in einer Polizeizelle verbrannten Oury Jalloh reißt nicht ab. Menschenrechtsorganisationen sehen im Verfahren deutliche Hinweise auf systematische Fehler. Nun überlegt der Staatsanwalt den Fall neu aufzurollen.

Nach Freisprüchen im Prozess um den Feuertod von Oury Jallohin in einer Dessauer Polizeizelle prüft die Staatsanwaltschaft, ob sie Ermittlungen gegen Zeugen wegen Falschaussagen einleitet. Oberstaatsanwalt Christian Preissner sagte am Dienstag, das Landgericht Dessau-Roßlau habe in seiner Urteilsbegründung am Montag deutlich gemacht, dass Zeugen in dem Prozess falsch ausgesagt hätten. Diesen Vorwurf werde man jetzt prüfen. "Danach wird zu entscheiden sein, ob gegebenenfalls Ermittlungen einzuleiten sind, nicht nur was die Aussagen von Polizisten betrifft."

Unterdessen reißt die Kritik an den Freisprüchen der beiden Polizisten nicht ab. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International erklärte: "Dieser Prozess hat wieder einmal gezeigt, dass es in Deutschland ausgesprochen schwierig ist, Polizeigewalt aufzuklären." Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl kritisierte: "Der Tod von Oury Jalloh bleibt ungesühnt." Das Gericht sei an einer Mauer des Schweigens bei den Polizeizeugen und einer Fülle von Ermittlungspannen gescheitert.

Mauer des Schweigens

Der Vorsitzende Richter Manfred Steinhoff hatte in seiner Urteilsbegründung die Ermittlungen zu dem Fall, widersprüchliche Aussagen von Polizei-Zeugen sowie Schlamperei und Ignoranz von Behörden kritisiert. Innenminister Holger Hövelmann (SPD) erklärte, gegen Polizisten, die mit dem Fall zu tun hatten, seien Disziplinarverfahren geplant.
 
Der aus Sierra Leone stammende Jalloh war im Januar 2005 bei einem Brand in einer Zelle des Polizeireviers Dessau-Roßlau ums Leben gekommen. Der 23-Jährige soll das Feuer trotz Fesselung an Händen und Füßen selbst angezündet haben. Das Landgericht sprach die beiden angeklagten Polizisten nach 22 Monaten Verhandlungsdauer vom Vorwurf der Mitschuld frei. Die Staatsanwaltschaft prüft unterdessen, ob sie Revision einlegt. Die Nebenklage kündigte dies bereits an. (ml/dpa)

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