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Ein netter Kerl: Tomas aus Podjuchy

© Schümann

Deutschland drumherum (2): Die Begegnung mit Tomas

Über die Landstraße, den bretternden LKW entgegen - und das mit einem defekten Navi: Helmut Schümann umrundet unser Land mit dem Rucksack auf dem Rücken und erzählt von seiner Reise. Dieses Mal trifft er einen sehr hilfsbereiten Polen.

Tomas, oder Tomasch, wie er sagt, bin ich in Podjuchy begegnet. Nach 22 nervigen Kilometern auf der Landstraße, war ich bereit für eine Pause. Landstraße war deshalb nötig, weil die Deppen vom angeblich größten Radgeschäft in Europa mir in Berlin ein schlechtes Navigationsgerät für Radler UND Fußgänger als neu verkauft haben. Bei der Installation vor drei Tagen hatte sich herausgestellt, dass das Gerät bereits registriert war, also gebraucht ist.

Zudem brachte der Anruf beim Hersteller zu Tage, dass es auch defekt ist. Darüber wird noch zu reden sein mit dem angeblich größten Radhändler Europas, wenn ich wieder zurück bin. Andererseits gab es in Szczecin gestern auch keine Landkarte zu kaufen, weil Brückentag war in Polen zwischen zwei Feiertagen und die Geschäfte geschlossen waren, zumindest in der Früh bei meinem Abmarsch. Zur Orientierung half die Sonne, immer gen Süden, und die Oder, bis der Weg endete. Also Landstraße, immer links gehen, der Gefahr, den bretternden LKW entgegen sehen, nein, ihr Fahrradhändler über das Navi ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.

Tomas saß in Podjuchy vor einem Kiosk und trank Bier. Ins Gespräch kamen wir, weil ich ihn nach dem Weg nach Gryfino fragte. Gryfino, laut den Kilometerangaben für die Autofahrer noch 15 Kilometer entfernt, erschien erreichbar und ist, nach Auskunft im Hotel von Szczecin, eine Kleinstadt an der Oder, grenznah, gegenüber von Gartz in Deutschland. Tomas sieht aus wie ein Klischee von einem Polen, oder, wie einer, dem man nicht begegnen möchte, wenn er zornig ist, oder wie einer, den man an der Seite haben möchte, wenn Ungemach droht. Tomas antwortet in deutsch. „Oh, is kein Problem, da vorne fährt Bus nach Gryfino.“ Dann sah er die Wanderstöcke, den Rucksack. „Oh, ist auch kein Problem, immer geradeaus, irgendwann Gryfino.“

Das Motel Saga im polnischen Ort Pniewo
Das Motel Saga im polnischen Ort Pniewo

© Schümann

Tomas arbeitet in Deutschland, wie er erzählt, im Moment in der Nähe von Köln, „verlege ich Rohre für Wasser, und auch sonst, kann auch Mauern bauen.“ Tomas ist also einer der Polen, die wir in Deutschland unter der Hand immer gerne zur Hand haben, wenn es etwas zu bauen gibt, zu renovieren, wenn ein Handwerker gebraucht wird. Er hat sich ein paar Tage frei genommen, den 1., 2., den 3. Mai, der Feiertag ist in Polen, weil sich Polen am 3. Mai 1791 eine rechtsstaatliche Verfassung gab, als erstes Land in Europa. „Am 4. Mai fahre ich wieder nach Köln“, sagt Tomas. Auf dem Boden stehen eine Menge Tüten, Tomas war einkaufen. Als seine Frau kommt und seine Tochter, die auch einkaufen waren, sagt Tomas „meine Frau, meine Tochter“, packt die Tüten, sagt, „wenn du Handwerker brauchst, ich komme. Ist gutt in Deutschland, gutt Geld.“

Netter Kerl, der Tomas. Und die Auskunft stimmte auch. Immer geradeaus, irgendwann Gryfino. Gryfino ist eine Kleinstadt an der Oder gegenüber von Gartz in Deutschland. Gryfino lebt augenscheinlich vom Handel mit billigen Zigaretten und billigem Alkohol. Ein Hotel, eine Pension, ein freies Zimmer gibt es in Gryfino nicht. Das nächste Hotel, das Motel Saga, ist in Pniewo, dahin sind es noch einmal zwölf Kilometer auf der Landstraße. Wir sprechen uns noch, ihr Fahrradhändler.

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