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Wie steht's um uns Deutsche in Europa? Helmut Schümann umrundet unser Land mit dem Rucksack auf dem Rücken.

© privat

Deutschland drumherum: Der Lauf der Geschichte

In den letzten Tagen hat unser Kolumnis Helmut Schümann Tschechien durchwandert, eine Region, die sehr belastet ist durch ihre Geschichte mit den Deutschen. Ihm wurde oft vorgehalten, dass er geschichtsvergessen sei - weil er die Orte mit tschechischem Namen benannte.

Der letzte Tag in Tschechien. Morgen mache ich rüber nach Österreich. Da wird dann die Sprache kein Problem mehr sein.

Als ich von einer tschechischen Lehrerin berichtete, die sagte, dass das Interesse an der deutschen Sprache bei ihren Schülern stark nachlässt, schrieb mir ein Leser, warum ich glaube, dass Deutsch überall in der Welt wichtig sein müsse. Glaube ich gar nicht.

Ich habe in den vergangenen Tagen eine Region durchwandert und bereist, die sehr belastet ist durch ihre Geschichte mit den und mit dem Deutschen. Mir wurde dabei vorgehalten, dass ich die deutschen Namen der polnischen und tschechischen Städte nicht nenne und geschichtsvergessen sei.

Es ist nur so, dass diese Geschichte bei den jüngeren Menschen kaum noch eine große Rolle spielt. Nur insofern, als sie sie kennen, was bloß nie aufhören möge. Ich bedauere nicht, dass ich mich mit meiner Heimatsprache nicht verständigen kann im sudetendeutschen Lande, ich freue mich, dass ich auch im sudetendeutschen Lande zur völkerverständigenden Weltsprache Englisch greifen darf.

Oder anders gesagt: Könnte es sein, dass wir Bundesrepublikaner uns für bedeutsamer halten, als wir es für diese tschechischen Nachbarn sind? Gut, ich habe nicht alle Tschechen befragt.

Vorgestern habe ich mit sieben Leuten an einem Feuer zusammengesessen. Wir sprachen in allen möglichen Sprachen und mit Händen und Füßen unter anderem über den europäischen Songwettstreit. Und als ich erzählte, dass in meiner Heimat mancher glaubt, dabei sei Deutschland und Kanzlerin Merkel abgestraft worden, fasste sich die Runde an den Kopf. Und Miro, ein Mitsechziger, meinte, dass die, die da abgestimmt hätten, nicht einmal wüssten, wer Angela Merkel sei und was die Finanzkrise.

Dann kam die Sprache auf Ungarns Regierungschef Orban und seinen Nazivergleich. Plötzlich konnte Miro Deutsch: "Ihr wart Nazis, vergesst das nicht. Wir vergessen das nie. Ihr seid keine mehr. Orban ist verrückt." Könnte es also sein, dass zumindest dieser Nachbar viel entspannter mit uns umgeht als wir mit uns?

Helmut Schümann umrundet derzeit Deutschland – manchmal mit dem Bus, manchmal im Regionalzug, aber meistens zu Fuß.

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