zum Hauptinhalt

Panorama: „Die Hölle ist zurückgekehrt“

Auf der Iberischen Halbinsel wüten ausgedehnte Feuer – auch in Frankreich und der Türkei brennt es

Überall lodern die Flammen auf – auf der Iberischen Halbinsel und im Mittelmeerraum. Am schlimmsten wüten die Feuer in Portugal, aber auch in Spanien, in Frankreich, sogar in der Türkei werden immer neue Brandherde gemeldet.

Eine Hitzewelle mit Temperaturen von bis zu 44,5 Grad im Schatten sucht Portugal und Spanien heim. Allein in Spanien sind der Rekordhitze bereits 13 Menschen zum Opfer gefallen. Der jüngste Fall ist eine 70-jährige Kanarin, die mit 42 Grad Körpertemperatur am Rande einer Landstraße tot zusammenbrach. Der Auslöser ist nach Angaben des spanischen Meteorologieinstituts ein ganz bestimmtes Phänomen. Über der Iberischen Halbinsel im Juli und August staut sich heiße Saharaluft, die jede Abkühlung verhindert und alles austrocknet.

Am schlimmsten hat es Portugal getroffen. Ein Jahr nach der schwersten Brandkatastrophe in der Geschichte des Landes, als 400000 Hektar Wald verbrannten und 20 Menschen in den Flammen starben, muss sich die Regierung erneut vorhalten lassen, nicht genug vorgebeugt zu haben. „Wo sind die Videokameras, mit denen die Naturschutzgebiete überwacht werden sollten?“, schimpfen die Umweltschützer. „Wo sind die Soldaten, die zum Brandschutz abkommandiert wurden? Hier ist noch keiner aufgetaucht“, beschweren sich die Bürgermeister etlicher bedrohter Orte. „Es mangelt an Löschflugzeugen und Helfern. Die Koordinierung ist miserabel“, wettert die Feuerwehr.

Kein Wunder: Außer der Gründung einer Brandschutz-Agentur und der Ernennung eines Direktors ist absolut nichts geschehen. Sogar die letztes Jahr abgeholzten Bäume wurden einfach liegen gelassen und wirken nun wie Brandbeschleuniger. Vom Norden bis zum Süden stehen 14 der 18 Regionen lichterloh in Flammen. Die Folgen sind unübersehbar. Bei Lissabon und an der Algarve ging ein wahrer Ascheregen auf die Küste nieder. Zahlreiche Strände mussten geräumt, tausende von Touristen evakuiert werden. Im nördlichen Geres-Gebirge und in der südlichen Serra de Arrábida haben 1700 Hektar der wichtigsten Naturparks laut Umweltexperten irreparable Schäden erlitten.

Zudem mußte die wichtigste Autobahn von Lissabon nach Porto stundenlang gesperrt werden. Der Rauch eines 30 Kilometer entfernten Feuers bei Mafra war bis in die Hauptstadt zu riechen. Unzählige Bauern haben Äcker, Olivenhaine und Korkeichen-Plantagen verloren. Tausende Portugiesen, die in der Nähe der landesweit fast 30 Großfeuer leben, mussten ihre Häuser verlassen und in Turnhallen oder andere notdürftig eingerichteten Aufnahmelager umziehen. Im ganzen Land erinnert sich das Volk an die verheerende Feuersbrunst im letzten Jahr, die fast eine Milliarde Euro Schaden anrichtete. „Die Hölle ist zurückgekehrt“, schreiben Portugals Zeitungen.

Innenminister Daniel Sanches hat eingeräumt, dass die Mittel nicht ausreichen, und die EU um Hilfe gebeten. Sechs EU-Staaten, darunter auch Deutschland, haben zugesagt, den 1300 Feuerwehrleuten, 39 Löschflugzeugen und -hubschraubern und 340 Löchfahrzeugen Verstärkung zu schicken. In Spanien, das seit den verheerenden Dürrejahren 1994 und 1995 über eine wahre Armada von Brandschutzmaterial verfügt, sieht die Lage dagegen deutlich besser aus. Seit die Regierung jährlich fast 400 Millionen Euro investiert und die Wälder mit Satelliten überwacht werden, ist es gelungen, die Dauer der Brände um die Hälfte und das Ausmaß der Zerstörungen um 75 Prozent zu senken. Schon seit Wochen befinden sich alle Löschteams in Alarmbereitschaft. Folglich verzeichnet das Land lediglich in den Grenzgebieten zu Portugal größere Brände. Auch die Zahl der Opfer hielt sich in Grenzen. In der Nähe von Sevilla sind zwei Rentner in ihrem Auto verbrannt, die von den Flammen eingeschlossen wurden. In der Nähe von Santiago de Compostela ist ein Löschpilot abgestürzt.

Eines haben die Feuer in Portugal, Frankreich und Spanien gemeinsam. Die Gründe für die Waldbrände sind nach Angaben der der Umweltschutzorganisation WWF in allen drei Ländern die selben. „70 Prozent gegen auf Brandstifter zurück, die hoffen, ihre wirtschaftlich unerträglichen Waldstücke in billiges Bauland zu verwandeln oder einfach nur Pyromanen sind. Für weitere elf Prozent sind Unvorsichtige verantwortlich, die achtlos brennende Zigarettenkippen wegwerfen oder wie viele Bauern am Wegesrand ihren Müll verbrennen.“

Andreas Klinger[Madrid]

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false