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Panorama: Die letzte Reise

Es war genau 50 Jahre und 38 Minuten später. Damals, am 15.

Es war genau 50 Jahre und 38 Minuten später. Damals, am 15. Februar 1952, stand die Königinmutter mit ihren beiden Töchtern Elizabeth und Margaret in der St. Georgs-Kapelle auf Schloss Windsor: Um 14 Uhr 22 wurde der Sarg ihres Mannes, König George VI., in die Gruft gesenkt. Nun, auf den Tag genau ein halbes Jahrhundert später, begann um 15 Uhr an der selben Stelle der Trauergottesdienst für Prinzessin Margaret (71). Diesmal brauchte "Queen Mum", 101 Jahre alt, einen Rollstuhl. Aber sie hatte darauf bestanden, trotz angegriffener Gesundheit ihrer jüngsten Tochter die letzte Ehre zu erweisen.

Einzelne Schläge der Totenglocke im Minutentakt hatten den Beginn der Trauerfeier signalisiert, zu der 450 Gäste eingeladen waren - eine Gästeliste, die Prinzessin Margaret selbst festgelegt hatte, bevor sie am vergangenen Samstag im Alter von 71 Jahren an einem Schlaganfall starb. 50 Minuten später war es die klagende Trauermelodie "Der verzweifelte Kampf des Vogels", gespielt von einem Dudelsackspieler der Royal Highland Fusiliers, die den etwa 2000 Wartenden vor Schloss Windsor signalisierte, dass der Gottesdienst vorbei war. Dann trugen schottische Soldaten den von Lilien und Rosen umgebenen Sarg zu einem Leichenwagen, der ihn ins Krematorium des Nachbarortes Slough brachte: Als erstes Mitglied des Königshauses wollte Margaret eingeäschert werden. Anschließend sollte dann die Urne in einer Gruft der St. Georgs-Kapelle unweit des Grabes ihres Vaters beigesetzt werden.

Vier Generationen des Königshauses nahmen an der Trauerfeier teil - und die britischen Medien machten aus ihrer Sorge um die beliebte "Queen Mum", die mehr als ein Jahrhundert verkörpert, kein Hehl. Die Königinmutter, die seit November nicht mehr öffentlich aufgetreten war, scheute jetzt erstmals die Öffentlichkeit und die Kameras. "Queen Mum", erst vor zwei Tagen beim Sturz von einem Stuhl verletzt, wollte nicht im Rollstuhl fotografiert oder gefilmt werden. Während alle anderen Trauergäste einschließlich der Königin das Schloss im Blickfeld der Öffentlichkeit betraten, wurde die Königinmutter in einem Kleinbus an einen Nebeneingang fernab der Kameras gebracht. An ihren schwarzen Hut hatte sie eine weiße Blume stecken lassen.

Zur Musik von Tschaikowskys "Schwanensee" hatten die Trauergäste in der prachtvollen Kirche gewartet, die als Heimstatt des exklusiven, höchstens aus 24 Mitgliedern bestehenden Hosenbandordens gebaut worden war und wo unter anderem auch König Heinrich VIII. begraben ist. Prinzessin Margaret, eine große Ballett-Liebhaberin hatte sich das ebenso gewünscht wie das Erscheinen bestimmter Gäste. So fanden sich denn in der Kapelle auch die großen Lieben von einst ein: Lord Snowdon beispielsweise, in den sich Margaret verliebte, nachdem sie auf Peter Townsend verzichten musste. Mit Snowdon war sie von 1960 bis 1978 verheiratet - ihre Scheidung war die erste im Königshaus, die die Öffentlichkeit bewegte. Aber auch Roddy Llewellyn war geladen, ihr Liebhaber von 1973 bis 1980, mit dem sie vor allem auf der Karibikinsel Mustique glücklich war und der nach dem Ende ihrer Liebe ein verlässlicher Freund blieb. Prinzessin Margaret, die einstige Rebellin, die Aufmüpfige, die "Party-Prinzessin", die heftig trinkende und rauchende Frau, die mit ihrem Lebenswandel keine Rücksicht auf die Gesundheit nahm: Für ihren letzten Auftritt hatte sie einen ganz traditionellen britischen Trauergottesdienst verfügt. Immer war sie gegen "Neumodisches" in der Kirche aufgetreten, Überraschungen blieben den Trauergästen jetzt auch erspart: "Der Herr ist mein Hirte..." beteten sie. Und Margarets Sohn Lord Linley, der gemeinsam mit seiner Schwester Sarah den Trauerzug anführte, las aus der Bibel das Kapitel Römer 8. Der Erzbischof von Canterbury, George Carey, las ein Gebet. Zwei klassische Hymnen des anglikanischen Liederbuches wurden gesungen, dann bliesen Trompeter einen Zapfenstreich.

Es war ein sonniger und düsterer Tag zugleich. Aber auch in Windsor hielt sich die öffentlich erkennbare Trauer über den Tod der Prinzessin in Grenzen. Über dem Palast von Windsor wehte der Stander des Souveräns, also der Königin. Wie immer: Niemals auf halbmast, um die Kontinuität der Erbmonarchie zu demonstrieren.

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