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Panorama: Die Marginalie kaufte eine Grabparzelle auf dem Pariser Friedhof (Kommentar)

Ich bin wohl einer der letzten, die den "Rolling Stone" abonniert haben. Sie fragen sich, was das ist?

Ich bin wohl einer der letzten, die den "Rolling Stone" abonniert haben. Sie fragen sich, was das ist? Ist es die Hauspostille von Mick Jagger? Nichts dergleichen. Der "Rolling Stone" ist die einzige deutsche Musikzeitschrift, die Woodstock überlebt hat und noch heute in Hip-Hop-Zeiten Tom Waits und Randy Newman zu ihren Helden erklärt. Die Klatsch- und Tratschseite im "Rolling Stone" schimpft sich vornehm: "Marginalien". Cher ist so eine Marginalie, die jetzt - so der "Rolling Stone" - "für 10000 Dollar eine Grabparzelle auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise gekauft hat".

Recht hat sie, denn nur die ganz großen Toten liegen auf den ganz großen Friedhöfen. Aber die Meldung überrascht schon. Cher nicht in Hollywood, nicht auf einem der typisch amerikanischen Friedhofslandschaften, die man mit dem Pkw befahren darf und die Rasen und wenig Blumen kennen, nicht auf dem Heldenfriedhof in Arlington, wo die Kennedy liegen, nein, sie zeiht es nach Paris auf den Père Lachaise. Da liegen die wirklich großen Dichter, Denker und Künstler: Balzac, Edith Piaf, Yves Montand, Simone Signore und große Nicht-Franzosen wie Oscar Wilde oder Jim Morrison, legendärer Sänger der Doors. Er bekommt den meisten Besuch auf diesem Friedhof. Und weil Zettel und Plüschtiere leicht verwittern, sind fast alle Grabsteine ringsherum zu Wandtafeln verkommen, auf denen die Fans ihre Botschaften mit Namen und Datum einritzen, aber ohne Adresse. Meeting Point: Morrison! Und genau hier im Besuchszentrum hat sich Cher ihre Grabstätte gekauft. Noch steht darauf kein Mausoleum, noch kein Tempel der Bewunderung. Das alles werden Architekten richten müssen. Wie wird sie sich schützen vor dem großen Andrang ihrer Anhänger? Wird sie eine große Bleiplatte auflegen lassen, damit nicht später wie bei Yves Montand, ihre Gene noch einmal aus den Knochen gepult werden, um womöglich Mutterschafts- und Vaterschaftsfragen zu klären?

Hat sie bereits eine kleine Ecke herrichten lassen, weil sie ja zwischendurch immer wieder Teile Ihres Körpers beerdigt, während andere neu hinzugefügt werden? Beerdigt sie womöglich am Ende nur den übrig gebliebenen Originalteil und die Ersatzteile werden recycelt?

Wie auch immer Cher sich bettet, am Ende singt Jim Morrison von Grab zu Grab:"This ist the end my beautiful friend."

Reinhold Beckmann

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