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Panorama: Die Masche mit dem Missverständnis

„Sex and the City“ kommt wieder. Mit Sarah Jessica Parker. Und die Zuschauerinnen fragen, wie alles ausgeht

Nur nicht hysterisch werden. Alles wird gut. Es ist nicht der nächste Schritt zur finalen Geschlechtertrennung, sondern einfach nur eine Fernseherie. Am Dienstag um 21.15 Uhr startet die letzte Staffel von „Sex and the City“.

Von Dienstag an wird Sarah Jessica Parker in ihrer Rolle als New Yorker Kolumnistin Carrie Bradshaw wieder zu ergründen versuchen, wieso das mit Männern und Frauen hin und wieder nicht ganz so reibungslos klappt. Sie wird wieder Sätze schreiben wie: „Brauchen wir Distanz, um einander nahe zu kommen?“ Und sie wird die Zuschauer in zwei Lager teilen. Nicht in Männer und Frauen, sondern in Fans und Verweigerer, in Versteher und Ignoranten.

Die Geschichte von „Sex and the City“ ist eine Geschichte voller Missverständnisse. Sogar nach fünf erfolgreich absolvierten Staffeln wird die amerikanische Serie hier von vielen immer noch mit „Vier Freundinnen auf der Suche nach dem ultimativen Sex“ beschrieben. Oder mit: „Vier latent hysterische Weiber, die den ganzen Tag nur Schuhe kaufen gehen“. Oder sogar einfach nur als „Frauenserie“.

Auf die Schuhe kommt es an

Vor allem Letzteres ist ein voreilig angebrachtes Etikett, das den wahren Nutzwert für Männer verdeckt. Carrie und ihren Freundinnen bei der wöchentlichen Erörterung ihrer Beziehungsprobleme zu lauschen, das sollte für Männer das sein, was für Frauen eine versteckte Kamera in einer Männerrunde wäre: die wunderbare Gelegenheit, etwas aus einem Lebensbereich zu erfahren, zu dem man für gewöhnlich keinen Zutritt hat. Wollen Männer nicht wissen, worüber an Frauenabenden gesprochen wird?

Sarah Jessica Parker ist für den Erfolg der Serie weitaus stärker verantwortlich als durch die – mehrmals preisgekrönte – Verkörperung der Hauptfigur. Als Koproduzentin hat sie auch hinter der Kamera einiges mitzureden. Das beginnt bei Kleinigkeiten (ihre Kollegen müssen sich selbst frisieren, um realistischer zu wirken) und endet bei jenem Aspekt, für den die Serie beinahe ebenso berühmt ist wie für den Umgang mit Männern: die Mode.

Schuhe und Designermode gehören zu den wenigen Gemeinsamkeiten zwischen Parker und Bradshaw. Gemeinsam mit ihrer Kostümdesignerin Patricia Field hat die 38jährige Schauspielerin bereits so manchen Trend gesetzt, sei es die Wiedergeburt des unsäglichen Namenshalskettchens oder die Rehabilitation der Gürteltasche. Am Abend in der Serie – am nächsten Tag in ganz New York ausverkauft.

Zugegeben, dies mag ein kleiner Vorteil für Zuschauerinnen sein: Sie können sich nicht nur durch eine hervorragend geschriebene TV-Serie unterhalten lassen, sondern sich auch noch neue Styling-Ideen holen. Männer lassen sich oft durch die Mode von der Handlung ablenken – und umgekehrt. Obwohl immer mehr Männer zugeben, durch die Serie erst erkannt zu haben, „wie wichtig Schuhe für Frauen sind“. Dabei achten die Produzenten darauf, dass sowohl Frauen als auch Männer auf ihre Kosten kommen: Samanthas Liebhaber sind meistens knackige junge (unbekleidete) Kerls, und auch die Frauen ziehen sich hin und wieder aus.

Nur die Hauptfigur blieb bislang immer bedeckt: „Ich mache keine Nacktszenen“, sagt Sarah Jessica Parker. „Ich habe in meiner gesamten Karriere noch keine gemacht.“ Auch was Sprache und Alkoholkonsum anbelangt, könnten Rolle und Darstellerin kaum weiter voneinander entfernt sein. Parker, seit ihrem achten Lebensjahr als Schauspielerin und Musicaldarstellerin im Business, trinkt keinen Alkohol und kann privat „die Anzahl der Schimpfwörter, die meine Figur sagen muss, limitieren. Ich fluche auch im wirklichen Leben nicht, deshalb lege ich darauf großen Wert.“

Im wahren Leben ist sie seit 1997 mit dem Schauspieler Matthew Broderick verheiratet und Mutter eines 16 Monate alten Sohnes. Er ist nur einer der Gründe, wieso es in wenigen Wochen in den USA und voraussichtlich im Herbst bei uns mit der Serie vorbei sein wird. „Wir wollten aufhören, bevor uns die Ideen ausgehen“, sagt Koproduzentin Parker, „und solange es dem Publikum noch leid tut, dass Schluss ist“. Vor wenigen Tagen wurden die letzten Einstellungen in Paris gedreht. Sicherheitshalber wurden drei unterschiedliche Schlussszenen produziert. Wwelche letztendlich gezeigt wird, hat in den USA bereits vor dem Start der Staffel zu einer Medienhysterie geführt, die an die legendären Cliffhanger „Wer schoss auf J.R.?“ (Dallas) und „Wer tötete Laura Palmer?“ (Twin Peaks) heranreicht.

Und spätestens mit dieser Szene wird „Sex and the City“ die Zuschauer ein letztes Mal spalten: Wird sich Carrie für den russischen Künstler Aleksandr Petrovsky (gespielt von Mikhail Baryshnikov) entscheiden? Wird Mr. Big wieder in ihr Leben treten? Ein Großteil der Zuschauerinnen hat sich bereits entschieden: „Heirate Big! Heirate Big“, bekommt Sarah Jessica Parker eingeflüstert, sobald sie einen Supermarkt betritt. „Ich möchte nur, dass Carrie zufrieden ist“, sagte Parker während der letzten Drehtage. Oder wie es ihre Paraderolle ausdrücken würde: Was gilt im Leben einer Single-Frau als Happy-End?

Sex and the City, sechste und letzte Staffel, ab Dienstag, 21.15 Uhr, Pro Sieben

Sigrid Neudecker

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