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Panorama: Die Pop-Prinzessin des Sommers

Lily Allen katapultierte sich aus dem Internet direkt in die britischen Charts – wie die Arctic Monkeys

Sie ist ganz neu im Musikgeschäft, doch die wichtigste PR-Regel beherrscht Lily Allen perfekt: Biete eine spannende Geschichte. Und so gibt es um die 21-jährige Britin das schöne Märchen von der Web-Prinzessin, die erst nur im Internet existierte und nun die Nummer eins der britischen Charts ist. Schon wird Allen als die Pop-Entdeckung dieses Sommers gefeiert. Die Londonerin ist attraktiv, witzig und mit einer großen Klappe ausgestattet. So verkündete sie unlängst: „Madonna ist die am meisten überbewertete Person der Popgeschichte.“

Starke Worte einer Frau, die vor einem Jahr noch niemand kannte. Ende vergangenen Jahres bot sie einige Songs in der Internet-Community MySpace zum Download an – und viele griffen zu. Innerhalb weniger Wochen wurde der Geheimtipp zum Renner. Fast 60 000 MySpace-Nutzer haben sich inzwischen bei Allen als „Freunde“ eingetragen. Und auch in der realen Welt verkauft sich ihr Gute-Laune- Album „Alright, Still“ bestens.

Ein Märchen also ähnlich wie bei den inzwischen auch etablierten Arctic Monkeys? Nicht ganz, denn die Sängerin hatte von Anfang an einen Plattenvertrag beim Musikriesen EMI. Kritiker mutmaßten deshalb schon, dass die Plattenfirma im Hintergrund die Fäden zog. Doch bisher gab es nach Recherchen der seriösen „Times“ keinen Anhaltspunkt, dass EMI „irgendetwas gedreht“ hat.

Und auch der andere mögliche „große Player“ in Allens Umfeld hat wohl keinen Anteil am Erfolg der 21-Jährigen: Ihr Vater Keith Allen ist im Königreich ein angesehener Komiker und Schauspieler, der auch wegen Fußball-Songs wie „Vindaloo“ und „World in Motion“ bekannt ist. Von diesem Ruhm hatte die Tochter nach eigenen Angaben nichts: „Jeder denkt, nur weil mein Vater in ein paar mittelklassigen Filmen mitgemacht und einige Shit-Fußballsongs geschrieben hat, bin ich mein ganzes Leben in Limousinen umherkutschiert worden“, mokiert sich Allen. „So war es ganz und gar nicht.“ Vielmehr habe ihr Vater die Familie verlassen, als sie gerade mal vier Jahre alt war. Die Mutter habe sich mit ihren drei Kids allein durchschlagen müssen. Dabei lief Allen offenbar etwas aus dem Ruder: „Ich wurde von zwei Schulen geworfen, und bei weiteren dreien wurde mir angedroht, dass ich fliege.“

Insgesamt besuchte die 21-Jährige nach eigener Zählung die stolze Zahl von zwölf oder 13 Schulen, fleißig war sie nie. „Ich hatte einfach wichtigere Dinge zu tun“ – Lieder schreiben zum Beispiel. Die Texte für ihre zwischen Ska, Reggae und Hip-Hop wechselnden Songs stammen von ihr. Absoluter Hit ist derzeit „Smile“: Die Newcomerin besingt genüsslich, wie sie sich an einem Ex-Lover rächt. Sie lässt den Ärmsten erst von Freunden zusammenschlagen. Während sie sich dann noch mal zu einem „Versöhnungsgespräch“ mit ihm in einem Café trifft, verwüsten ihre Kumpels seine Wohnung und zerkratzen die wertvolle Plattensammlung. Allen fühlt sich gut dabei: „Als ich Dich flennen sah, musste ich lächeln.“

Weniger zum Lachen ist Allen beim Thema Drogen. Seit Beginn ihrer Karriere gibt es immer wieder Suchtgerüchte, die die Sängerin energisch dementiert. Zugleich aber gibt sie offenherzig zu, dass sie schon „Bekanntschaft“ mit Drogen gemacht habe: Mit 13 nahm sie das erste Mal Drogen, mit 15 handelte sie mit Ecstasy, und mit 18 erkannte sie nach eigenen Angaben dann, dass Drogen nicht das Wahre sind, sondern andere Dinge wichtiger.

Mit 21 ist sie jetzt Pop-Prinzessin – zumindest für diesen Sommer.

Antje Gemeinhardt[London]

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