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Panorama: Die Staatsanwältin fordert das „härteste Urteil“

Mutmaßlicher Mörder der Kinder Levke und Felix soll lebenslang hinter Gitter / Verteidigung plädiert auf Schuldunfähigkeit

„Ein erschütternder Mangel an Mitgefühl.“ Wie ein roter Faden zieht sich dieser Befund durch die Plädoyers im Kindermörderprozess gegen Marc Hoffmann vor dem Landgericht Stade, der am Dienstag in die Schlussrunde gegangen ist. Und der 31 Jahre alte Angeklagte tut alles, um diesen Eindruck zu bestätigen. Äußerlich unbewegt verfolgt der übergewichtige Mann im weißen T-Shirt, was Staatsanwältin Anja Demke gegen ihn vorbringt: Hoffmann soll im vergangenen Jahr die achtjährigen Kinder Levke und Felix entführt, missbraucht, getötet und „entsorgt“ haben. „Lebenslänglich“ lautet daher die Forderung, wobei das auch tatsächlich ein Leben hinter Gittern zur Folge haben könnte. Die Anklagevertreter legen Wert darauf, dass die „besondere Schwere der Schuld“ im Urteil festgehalten wird. „Herr Hoffmann, wir haben die Pflicht, das härteste Urteil zu fordern, das das Gesetz vorsieht“, sagt Demke. Die beiden Verteidiger betrachten Hoffmann dagegen als schuldunfähig und fordern eine Therapie für ihren Mandanten.

Demke macht in ihrem Plädoyer kein Hehl daraus, dass sie die Chancen einer Therapie mit größter Skepsis betrachtet. „Mangel an Mitgefühl lässt sich nicht therapieren“, sagt sie. Dabei stützt sich die Staatsanwältin auf das nicht öffentlich vorgetragene Gutachten des renommierten Psychiaters Norbert Leygraf. Danach hat eine „Persönlichkeitsfehlentwicklung mit schizoiden Zügen“ Hoffmann zwar dazu gebracht, innere Spannungen durch den sexuellen Missbrauch wehrloser Opfer abzubauen. Doch trotz dieser Störung sei der arbeitslose Installateur intellektuell sehr wohl in der Lage gewesen, das Unrecht seiner Taten zu ermessen. Wie geistesgegenwärtig Hoffmann während seiner Verbrechen war, lasse sich daran erkennen, dass er bei der Entführung Levkes auf einen Handy-Anruf seiner Frau reagierte. „Es dauert heute ein bisschen länger bei mir auf der Arbeit, ich komme etwas später“, teilte er mit, während die angststarre Levke hinten im Auto saß. „Eiskalt“ habe Hoffmann das Mädchen wenig später mit einem Kabelbinder erdrosselt, um sich einer drohenden Entdeckung zu entziehen.

Die Nebenklagevertreterin Sonja Briesenick fordert das Gericht auf, sich in die Lage Levkes zu versetzen, ihre Todesängste und Qualen während der Entführung nachzuvollziehen. „Wir sehnen uns danach, dass ein Mann krank ist, der so etwas tut“, sagte die Anwältin, die Levkes Eltern vertritt. „Es fällt uns einfach schwer zu akzeptieren, dass ein normaler Mensch dazu in der Lage ist.“

Bei den Prozessbeobachtern fließen Tränen. Der Kopf des Angeklagten sinkt immer tiefer. Hoffmann, der seit Beginn des Verfahrens schweigt, verzichtet auf die Chance zum „letzten Wort“. Das Urteil soll am 29. Juni gesprochen werden.

Heinrich Thies[Stade]

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