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Panorama: Die Stimme der Telekom

Alle kennen sie. Wer eine Mailbox von T-Mobile anruft, hört Nicole Bull. Und so sieht sie aus

Die Stimme von Nicole Bull will eigentlich niemand hören. Obwohl sie angenehm klingt. Wer ein Handy von T-Mobile anruft, das gerade abgeschaltet ist, bekommt nicht den gewünschten Partner ans Telefon, sondern Nicole Bull. Die 34-Jährige spricht die Antworttexte für die Mobilboxen von T-Mobile. „Ihr gewünschter Gesprächspartner ist zurzeit nicht erreichbar“ oder: „Guten Tag, Sie sind verbunden mit der Mobilbox des T-Mobile-Anschlusses von …“ lauten ihre Ansagen. Millionen von Menschen in Deutschland kennen Nicole Bull und haben ihr bereits zugehört – prominent ist aber nur ihre Stimme. Aber wie sieht diese Frau aus, die andauernd mit einem spricht?

Hier ist sie. Das Foto zeigt sie bei einer Bandaufnahme für T-Mobile.

Nicole Bull Foto: Hartung Nicole Bull ist Mutter von zwei Kindern und lebt in Wennigsen, einer Kleinstadt im Südwesten von Hannover. Schon seit 15 Jahren leiht die Frau dem Telefonriesen ihre Stimme. Früher hat sie Nachrichten von der Agentur dpa vorgelesen, Sportveranstaltungen oder das Wetter angekündigt, Ergebnisse von Pferdewetten oder auch Börsenstände bekannt gegeben. „Ich habe alles gelesen. Bei Quizsendungen hätte ich gut mitmachen können.“ Ihr Wechsel von der Auskunft in den Ansagedienst geschah dann eher zufällig. „Damals wurde eine Nachwuchskraft gesucht. Ich wollte eigentlich gar nicht mitmachen und habe mich nur auf Drängen meiner Kollegen gemeldet“, erinnert sich die gebürtige Lehrterin. Sie wurde genommen – trotz eines Sprechfehlers bei der Probe.

Das war 1998. Für den Mobilfunkbereich der Telekom ist sie seitdem die Stimme aller Ansagen. Ob Mobilbox, Menüführung oder Service-Hinweise – alle Ansagen stammen aus ihrem Mund. Für die Aufnahmen fährt Nicole Bull in das Tonstudio der Firma hfn Medien nach Burgwedel. Im Nordosten der Region Hannover hat sich die Firma auf die Herstellung von Sprachelementen spezialisiert, der magentafarbene hfn-Großkunde hat seinen Sitz in Bonn. Etwa dreimal pro Monat kommt Bull in das Tonstudio, um neue Texte zu sprechen. Nach einer kurzen Vorbereitung geht es auch schon los. „Ich muss mir nur einmal alles durchlesen, das reicht.“ Das Vorlesen der Ansagetexte schafft sie mühelos ohne Versprecher. Auch ein kleiner Zungenbrecher in Form des Namens Joaquin Lopez – der spanische Kunde von T-Mobile hatte eine persönliche Ansage für seine Mobilbox bestellt – bereitet ihr keine Schwierigkeiten. Auf der anderen Seite der Studio-Glaswand nickt Christian Seibt, Leiter des Tonstudios, zufrieden und hebt den Daumen. Er kann mit dem Schneiden beginnen.

Die Stimme von Nicole Bull klingt auf dem Band ganz anders als in einem Alltagsgespräch. Der Ansage nach würde man sie für viel älter und gesetzter halten. Während der Aufnahmen sitzt die nur 1,60 Meter große Frau kerzengerade auf ihrem Stuhl und spricht in das Mikrofon. Dabei zieht sie die Mundwinkel nach oben, ihre Stimme wird heller, in jedes Wort legt sie Freundlichkeit. Sie lächelt quasi beim Sprechen – und das alles ohne professionelle Ausbildung. „Keine Ahnung, woher das kommt. Sprechtraining hatte ich jedenfalls nie“, sagt sie. Wie ihre Stimme am besten klingt, hat Nicole Bull nach all den Jahren selbst herausgefunden. „Ich muss vor den Aufnahmen immer zwei Tassen Tee trinken. Das hilft und ölt die Stimme.“ Hilfreich ist auch eine gute Stimmung. „Man würde auf dem Band hören, wenn ich schlechte Laune habe“, weiß sie.

Manchmal aber, so gibt sie zu, kann sie ihre eigene Stimme nicht mehr hören. Andererseits: „Wenn ich Leute auf dem Handy anrufe, dann denke ich oft gar nicht mehr daran, dass ich mich selbst höre.“ Der private Festnetzanschluss der Bulls hat auch einen Anrufbeantworter. Diese familieninterne Mailbox hat sie indes nicht besprochen. Die Ansage kommt vorgefertigt vom Band. Natürlich ist es ihre Stimme. Ihr Mann Joachim beschwert sich: „Für alle anderen sprichst du Texte aufs Band, nur für uns nicht.“ Aber wenn seine Frau für einige Tage unterwegs ist und er ihre Stimme hören will, ruft er den eigenen Anrufbeantworter an.

Stephan Hartung[Hannover]

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