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Unfertiges Kunstwerk. Papst Benedikt XVI. beim Angelusgebet vor der Kathedrale Sagrada Família („Heilige Familie“) in Barcelona. Foto: Andreu Dalmau/dpa

© dpa

Die Unvollendete: Papst weiht Sagrada Familia in Barcelona

Papst Benedikt XVI. hat die weltbekannte Kathedrale Sagrada Familia in Barcelona zur Basilika geweiht – die Spanier empfingen ihn kühl. Homosexuellen-Aktivisten veranstalteten ein "Massenküssen".

„Wir haben den Papst mit einem Akt der Liebe empfangen”, sagt Jordi Petit zufrieden. Petit ist Sprecher jener homosexuellen Aktivisten, die Benedikt XVI. in der katalanischen Metropole Barcelona mit einem „Massenküssen“ begrüßten. Die öffentliche Kuss-Demonstration, die am Sonntagmorgen stattfand, als das „Papamobil“ vorbeirauschte, gefiel keineswegs allen: Die Aktion der Homosexuellen wurde mit Buhrufen und Pfiffen von den an der Straße wartenden Gläubigen beantwortet. Eine von mehreren Protestaktionen am Rande des Papstbesuches in der katalanischen Hauptstadt Barcelona, in der das katholische Kirchenoberhaupt die weltberühmte, noch unvollendete Kathedrale „Heilige Familie“ zur Basilika weihte.

Vor etwa 6500 geladenen Gläubigen, darunter auch Spaniens König Juan Carlos und Königin Sofia, bezeichnete Benedikt den katalanischen Kirchenbaumeister Antoni Gaudí als „genialen Architekten“. Die Riesenkirche, deren höchste Türme einmal 170 Meter messen sollen, ist mit inzwischen mehr als zwei Millionen Besuchern eines der meistbesuchten Monumente Spaniens.

Der Bau war vor 128 Jahren begonnen worden und soll zum 100. Todestag des Architekten, im Jahre 2026, abgeschlossen sein. Gaudí, dessen eigenwillige Kirchenarchitektur an eine gigantische Sandburg erinnert, war 1926 in der Nähe seines Gotteshauses von einer Straßenbahn überfahren worden.

Seitdem wird die Kirche nach Gaudís Plänen weitergebaut – nur finanziert durch Spenden und Eintrittsgelder. „Die Kathedrale ist ein Ort für alle Menschen“, sagte Jordi Bonet, der heutige Chefarchitekt. Dank der finanziellen Hilfe der Besucher aus aller Welt habe die Basilika überhaupt bis heute weitergebaut werden können.

Der Papst bezeichnete in seiner Predigt das Gotteshaus als „wunderbare Synthese aus Technik, Kunst und Glauben“. Gaudí habe es geschafft, einen Raum von bezaubernder Schönheit zu schaffen, einen Raum des Glaubens und der Hoffnung. Der Oberhirte rief zudem zur Rückbesinnung auf die christlichen Wurzeln auf, kritisierte die Liberalisierung der Abtreibung, Erleichterung der Scheidung und die Einführung der Homosexuellen-Ehe in Spanien.

Gaudi in Barcelona: Benedikt weiht die unvollendete Kathedrale.
Gaudi in Barcelona: Benedikt weiht die unvollendete Kathedrale.

© AFP

Auf der Fahrt im „Papamobil“ durch Barcelona war Benedikt von schätzungsweise 250 000 Menschen begrüßt worden – ursprünglich waren 500 000 Gläubige am Wegesrand erwartet worden. Auch am Vortag, in der nordwestspanischen Wallfahrtsstadt Santiago de Compostela, waren weniger Papstanhänger gekommen als vorhergesagt worden war. Eine spanische Zeitung sprach von einem „kühlen“ Empfang für den Papst.

Dies fügt sich zu der Beobachtung, dass die Kirche in Spanien, früher eine katholische Bastion, mittlerweile spürbar an Einfluss verliert: Nur noch 75 Prozent aller Spanier bezeichnen sich als Katholiken, bei den unter 30-Jährigen nur noch jeder Zweite. Die Zahl der Kirchensteuerzahler ist gar auf kaum mehr als 30 Prozent geschrumpft.

In Santiago de Compostela, wohin der Papst nach eigenen Worten „als Pilger unter Pilgern“ gekommen war, hatte er in einer Messe das weltliche Europa aufgerufen, zu Gott zurückzukehren. „Europa muss sich Gott öffnen“, rief er am Samstag vor etwa 6000 Gläubigen in dem Wallfahrtsort aus.

Zum Auftakt seines zweitägigen Spanienbesuchs hatte der Papst auch die sozialistische Regierung mit harter Kritik ins Gebet genommen. Er rügte den „aggressiven“ Laizismus und Antiklerikalismus, der sich unter Ministerpräsident Jose Luis Zapatero im Land entwickelt habe. Und Benedikt XVI. verglich die von Zapatero angestrebte konsequente Trennung von Kirche und Staat mit der Verfolgung katholischer Priester in den Wirren des Spanischen Bürgerkrieges (1936–1939).

Diese Papstattacke sorgte für Empörung in der spanischen Regierung – auch wenn offiziell am Wochenende keine Kommentare abgegeben wurden. Die Zapatero nahestehende nationale Tageszeitung „Publico“ titelte aber: „Der Papst kommt in kriegerischer Absicht.“

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