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Einschlag aus dem All. Der Film „Deep Impact“ von 1998 – Regie: Mimi Leder – mit Morgan Freeman als US-Präsident schürte die Angst vor einer Kollision der Erde mit einem anderen Himmelskörper. Die Wissenschaftsbranche profitiert von dieser Angst. Foto: Cinetext

© CINETEXT

Panorama: Die Zeit fliegt

Irgendwann wird ein Asteroid auf der Erde einschlagen – Experten beraten, wie sie das verhindern wollen

Zuerst wird es hell. So, als flöge eine zweite Sonne über den Horizont, die schließlich zu Boden geht. Die Luft ist kochend heiß. Dann bebt die Erde, denn die Schockwellen des Einschlags sind im Untergrund schneller unterwegs als in der Luft. Wenn diese eintreffen, ist alles vorbei. Es ist eine Mischung aus infernalischem Gebrüll, Orkansturm und gewaltiger Hitze. Bäume, Häuser, Menschen werden zerrissen. Bisher kennt die Menschheit solche Bilder nur aus Filmen wie „Deep Impact“. Unrealistisch sind sie nicht. Die Dinosaurier fielen einem Einschlag vor 65 Millionen Jahren zum Opfer. Auch das Nördlinger Ries geht auf den Treffer eines 1,5-Kilometer-Brockens vor 14 Millionen Jahren zurück.

Kleinere Einschläge sind häufiger, wie der „Feuerball von Tunguska“ im Jahr 1908 zeigte. Im Durchschnitt kommt es alle 100 Jahre zu einer Kollision mit felsigen Brocken, die 50 Meter und mehr messen. Anders gesagt: Es ist eine Frage der Zeit, bis wieder ein großer Asteroid auf die Erde zurast. Wie die Gefahr frühzeitig erkannt werden kann und was dann zu tun sei, darüber diskutierten internationale Experten im Europäischen Raumfahrtkontrollzentrum (ESOC) in Darmstadt.

Bisher sind rund 1150 erdnahe Asteroiden und Kometen entdeckt worden, die als „potenziell gefährlich“ eingestuft sind. Einer davon ist „Apophis“, der 2029 der Erde auf bis zu 30 000 Kilometern nahe kommen wird. Eine Kollision wird es wohl nicht geben, aber keiner weiß genau, wie sich seine Flugbahn durch die Erdanziehungskraft verändern wird. Und schon sieben Jahre später kommt Apophis wieder vorbei, warnte Nicolas Bobrinsky, der bei der europäischen Raumfahrtagentur Esa ein Programm zu Gefahren aus dem All leitet. „Was das Aufspüren und Verfolgen von Asteroiden betrifft, sind wir heute viel weiter als noch vor wenigen Jahren“, sagte er. Nun sei es an der Zeit, die Fähigkeiten international zu bündeln, um drohende Kollisionen zu erkennen – und gemeinsam zu reagieren.

Die Esa unterhält dazu unter anderem in Italien ein Institut, das mit Computern die Flugbahnen der kosmischen Geschosse simuliert. Sollte sich einer der Brocken verdächtig nähern, werden die Daten an Nasa-Kollegen gegeben, die ein ähnliches System betreiben. Wenn auch der zweite Check Alarm gibt, geht die Hektik auf internationaler Ebene los. Wer beurteilt, wie groß die Gefahr wirklich ist? Wer entscheidet, ob tatsächlich eine „Rettungsmission“ gestartet wird? Wie soll die aussehen und wer wird sie bezahlen? Zwar beschäftigt sich ein Komitee der Vereinten Nationen seit mehr als zehn Jahren mit dem Thema, aber noch gibt es keinen „Fahrplan für den Ernstfall“, wie die Tagungsteilnehmer übereinstimmend sagten.

„Man kann die Erde nicht einfach beiseiteschieben“, sagte Rusty Schweickart, Apollo-9-Astronaut und Experte für „erdnahe Objekte“. Denkbar seien zwei Verfahren. Erstens die Haudrauf-Methode, mit der man den Asteroiden durch einen gezielten Beschuss von seiner Kollisionsroute abbringen will. „Dazu müssen Aufprallgeschwindigkeit, Richtung und Zeit perfekt stimmen“, sagte Schweickart. Das ist schwierig, weshalb das Verfahren als unpräzise gilt. Gerade bei großen, vielleicht sogar porösen Brocken bezweifeln manche Fachleute, ob dieser Beschuss den Asteroiden überhaupt beeinflusst.

Die zweite Methode ist etwas eleganter und funktioniert wie ein „gravitatives Abschleppseil“. Ein unbemanntes Raumschiff wird gestartet, das möglichst lange in der Nähe des Asteroiden fliegt, ohne einzuschlagen. Die Anziehungskraft der Kapsel würde auf den Asteroiden wirken. Mit der Zeit könnte er so von seinem Kurs abgebracht werden. Für diese Idee gibt es erste Untersuchungen auf der Erde, vom Praxistest im Kosmos ist man noch weit entfernt. Die Zeit läuft.

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