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Panorama: „Dort ist alles tot“

Im US-Bundesstaat Louisiana wird immer mehr Öl am empfindlichen Küstengebiet angeschwemmt

Der seit Wochen befürchtete Albtraum wird wahr: Giftiges Öl aus der explodierten Plattform im Golf von Mexiko hat an der Küste von Louisiana bereits dutzende Kilometer des hochsensiblen Marschlandes zerstört. Auf einer Länge von gut 38 Kilometern sei das Schwemmland verseucht, sagte der Vorsteher der Gemeinde Plaquemines Parish, Billy Nungesser, am Donnerstag (Ortszeit) im US-Fernsehen. Im betroffenen Abschnitt sei kein Leben mehr, sagte Nungesser dem Nachrichtenkanal MSNBC. „Dort ist alles tot.“ „Der Ölschlick zerstört Stück für Stück unser Marschland“, fügte Nungesser hinzu.

Der Gouverneur des US-Bundesstaates Louisiana, Bobby Jindal, sagte nach einem Flug über das betroffene Gebiet: „Dieses Öl war 177 Kilometer unterwegs, bevor es unsere Küste erreicht hat, und wir machen uns große Sorgen, dass dies erst der Anfang ist.“ Jindal warnte auch vor den wirtschaftlichen Folgen in seinem Bundesstaat. Die Ölpest bedrohe Fischer, Shrimps- und Austernzüchter.

Unterdessen erhöhte die US-Umweltbehörde EPA den Druck auf den für die Ölpest verantwortlichen Mineralölkonzern BP. Die Behörde ordnete am Donnerstag (Ortszeit) an, dass BP innerhalb von 24 Stunden weniger giftige Mittel zur Auflösung des Ölteppichs finden und diese neuen Substanzen dann bei Verfügbarkeit innerhalb von 72 Stunden einsetzen muss – also bis spätestens Samstagabend.

Hinter dieser spektakulären Wende steht offenbar die Erkenntnis, dass ein Teil der bisher von BP benutzten Dispersionschemikalien doch größere Schäden als erwartet am ökologischen Gleichgewicht des Meeres anrichten kann. Umweltschützer in den USA hatten in den letzten Tagen immer wieder beklagt, BP setze hier mit Billigung der EPA Mittel ein, deren Langzeitwirkung nicht ausreichend erforscht sei. Wissenschaftler wiesen zudem darauf hin, ihre Vorschläge zu einer schonenderen Bekämpfung der Ölpest würden von BP weitgehend ignoriert. Der US-Sender CNN berichtete, dass der Konzern bisher lediglich Dispersionsmittel verwendet habe, die von einer Tochterfirma des Ölgiganten hergestellt würden.

Während die US-Behörden bestätigten, ein kleiner Teil des Ölteppichs sei in eine Meeresströmung geraten und bewege sich langsam auf die Florida-„Keys“ und Kuba zu, berichtete die „New York Times“ über eine wachsende Verstimmung zwischen führenden Wissenschaftlern und der US-Regierung. Die Forscher halten dem Blatt zufolge dem Weißen Haus vor, auch vier Wochen nach dem Untergang der Bohrinsel „Deepwater Horizon“ noch keine eigenen Studien zum Umfang der Verschmutzung in Auftrag gegeben zu haben und stattdessen BP zu erlauben, das Ausmaß zu verschleiern. Das gelte sowohl für die Menge des Öls wie auch die Frage der Wasserqualität. „Es ist verblüffend“, so die Ozeanologin Sylvia Earle, „dass wir immer noch nicht wissen, wie viel Öl tatsächlich austritt“. BP lehnt bisher ab, unabhängigen Wissenschaftlern das Absenken von Untersuchungsgeräten an den Meeresboden zu erlauben. Videoaufnahmen vom Donnerstag (Ortszeit) zeigten, dass ein Bohrloch in 1500 Metern Tiefe, aus dem über ein dünnes Rohr Öl in einen Tanker abgepumpt wird, weiterhin leckt. mit AFP

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