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Panorama: Dringend verdächtig

Jörg Kachelmann bleibt in Haft. Das Landgericht hat seinen Antrag abgelehnt. Es hält einen Freispruch für unwahrscheinlich

Jörg Kachelmann wollte es wissen – jetzt weiß er es. Am Donnerstag hat das Landgericht Mannheim über den Antrag des unter Vergewaltigungsverdacht stehenden Wettermoderators entschieden, ihn aus der Untersuchungshaft zu entlassen. Das Ergebnis kann ihm nicht gefallen: Der Haftbefehl bleibt. Jetzt wird die Akte an das Oberlandesgericht Karlsruhe weitergeleitet. Es ist dieses Gericht, in das Kachelmanns Anwalt Reinhard Birkenstock Hoffnungen setzt, dass sein Mandant doch noch vor seinem Prozess auf freien Fuß kommt. Doch nicht nur diese Hoffnung schwindet. An der Mitteilung des Landgerichts zeigt sich, es wird schwer werden, einen Freispruch zu erreichen. Kachelmann wird vorgeworfen, im Februar seine langjährige Freundin in deren Schwetzinger Wohnung mit einem Messer bedroht und vergewaltigt zu haben. Er bestreitet die Tat und befindet sich seit März in Untersuchungshaft.

Die Mannheimer Strafkammer lehnt sich jetzt weit aus dem Fenster. Sie betont, der für die Anordnung der U-Haft benötigte „dringende Tatverdacht“ bestehe weiter. Die Aussage des mutmaßlichen Opfers zur Tat sowie zum Geschehen davor und danach sei nach Aktenlage glaubhaft. Demgegenüber wirke die Einlassung Kachelmanns zum mutmaßlichen Tatabend „im Hinblick auf das sich aus den Akten ergebende Bild seiner Persönlichkeit und der Persönlichkeit des mutmaßlichen Opfers sowie der Eigenart ihrer Beziehung als wenig plausibel“. Kachelmann unterhielt nach Darstellungen in den Medien eine Vielzahl von Freundschafts- und Sexualbeziehungen; die Freundin, die sich eine gemeinsame Zukunft mit ihm wünschte, habe sich hintergangen gefühlt. Am fraglichen Abend soll es zum Streit gekommen sein.

Während Verteidiger Birkenstock noch angekündigt hatte, die Zeugin müsse nunmehr ihre „Falschaussage“ einräumen, sieht die Strafkammer diese Notwendigkeit offenbar eher aufseiten Kachelmanns. Die Angaben des Opfers dagegen stützten die Glaubwürdigkeit der Aussagen. Entscheidend dafür sei eine „Gesamtbetrachtung“ mit Rücksicht auf das Nachtatverhalten und „den Ablauf der Anzeigenerstattung“. Die Frau hatte sich am frühen Morgen nach der behaupteten Tat zu ihren Eltern begeben und von dem angeblichen Geschehen berichtet. Der Vater rief die Polizei. Das Gericht verwies zudem auf die Ergebnisse rechtsmedizinischer Untersuchungen und setzt sich mit einem aussagepsychologischen Gutachten auseinander, von dem Kachelmanns Anwalt behauptet, es überführe die Zeugin der Lüge. „Die in ihrer Gesamtheit zu betrachtenden Ausführungen“ in dem Gutachten jedoch sprächen für die Glaubhaftigkeit der Aussagen. Ähnlich hatte sich zuvor bereits die Staatsanwaltschaft geäußert.

Die Erklärungen des Gerichts für seinen Beschluss sind ungewöhnlich detailreich. Formal hätte es wohl genügt, das Aufrechterhalten des Haftbefehls mit einem Hinweis auf Tatverdacht und Fluchtgefahr zu begründen. Jetzt macht die Kammer sogar deutlich, dass es keine Anhaltspunkte für einen minderschweren Fall sehe. Es drohe eine Mindeststrafe von fünf Jahren und damit „ein ganz erheblicher Fluchtanreiz“. Das Gericht ist erkennbar bemüht, den sich häufenden Medienberichten entgegenzutreten, wonach der Wettermann Opfer eines Komplotts der Zeugin geworden sei. Die sehr ausführliche Mitteilung darf wohl auch als Reaktion auf die mutmaßliche Weitergabe von Ermittlungsakten an die Medien durch Kachelmanns Rechtsberater verstanden werden. Sollte das Mannheimer Landgericht jetzt die Anklage zügig zulassen und Termine für das Verfahren festsetzen, gilt es als unwahrscheinlich, dass das OLG Karlsruhe den Haftbefehl doch noch vor dem Prozess aufhebt.

Die Mannheimer Gerichtsmitteilung enthält auch eine persönliche Erklärung des Pressesprechers: Das Verfahren sei für die Betroffenen mit hohen Belastungen verbunden. Es werde gebeten, ihre Persönlichkeitsrechte zu beachten.

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