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Dürreperiode: Zypern sitzt auf dem Trockenen

Nach mehreren Monaten ohne Regen wird das Trinkwasser rationiert - Hotels sind davon ausgenommen.

Vassoula Vassiliou sieht besorgt auf die Uhr. „Ich muss mich beeilen“, sagt die Hausfrau und wäscht hastig die letzten Teller des Abendessens ab. Wenige Minuten später versiegt der Wasserhahn in ihrer Küche. „Gerade noch mal geschafft“, sagt die 54-Jährige.

Auf der Mittelmeerinsel Zypern geht nach mehreren Monaten ohne nennenswerte Niederschläge das Trinkwasser zur Neige. „Unsere Stauseen sind nur noch zu 10,3 Prozent gefüllt“, sagt Fedros Roussis von der staatlichen Wasserbehörde WDD. Die Lage sei „dramatisch“, heißt es im Landwirtschaftsministerium in Nikosia. Staatspräsident Dimitris Christofias spricht von „unserem zweiten nationalen Problem“ – neben der Inselteilung.

Jetzt reagieren die Behörden mit Trinkwasserrationierungen: In über 100 Gemeinden, darunter der Inselhauptstadt Nikosia und den Hafenstädten Larnaca und Limassol, bekommen die Haushalte seit dem Wochenende nur noch alle zwei Tage Wasser. Für die 160 000 Bewohner von Nikosia bedeutet das: Montags, mittwochs und freitags hat die eine Hälfte der Stadt für jeweils zwölf Stunden Wasser, dienstags, donnerstags und samstags die andere. Sonntags soll es überall fließendes Wasser geben – zunächst jedenfalls.

Die Mittelmeerinsel steht vor einem schwierigen Sommer. Größere Regenfälle sind ab April erfahrungsgemäß nicht mehr zu erwarten. Zwar verfügt die Insel über mehrere Meerwasserentsalzungsanlagen. Aber deren Kapazität ist bei weitem nicht ausreichend. Vorwürfe werden in der Öffentlichkeit nun vor allem gegen die Regierung des im Februar abgewählten Staatspräsidenten Tassos Papadopoulos laut: Obwohl Klimaforscher seit Jahren vor den Folgen der zunehmenden Dürre warnten und der Notstand absehbar war, versäumte es die Regierung, rechtzeitig weitere Entsalzungsanlagen zu bauen. Jetzt wird erwogen, Trinkwasser in Tankschiffen aus Griechenland heranzuschaffen. Aber auch dort droht nach einem niederschlagsarmen Winter Wasserknappheit. Es ist deshalb fraglich, ob die Griechen den Zyprern überhaupt Wasser abgeben können.

Auch im Nordteil Zyperns, der seit 1974 türkisch besetzt ist, herrscht chronische Wasserknappheit. Die Lage ist dort allerdings ein wenig besser, weil es wegen der dort verlaufenden Besparmak-Bergkette etwas mehr regnet. Von so drastischen Rationierungen, wie es sie jetzt im Inselsüden gibt, bleiben die türkischen Zyprer bisher verschont. Auch in Nordzypern allerdings muss man in Zukunft mit weiter zurückgehenden Niederschlägen und Wassernot rechnen.

Trinkwasserrationierungen wie jetzt gab es auf Zypern zuletzt 2001. Damals installierten viele Bewohner Tanks auf ihren Hausdächern, um auch während der Sperren Wasser zu haben. Jetzt blüht das Geschäft mit den Plastiktanks wieder. Die Vorratsbehälter kosten zwischen 250 und 500 Euro. Weitere 85 bis 250 Euro sind für Pumpen, Leitungen und Installation fällig.

Viele Bewohner installieren nun sogar einen zweiten Tank auf dem Dach – und verschärfen damit die Krise: Denn je mehr Tanks ans Netz angeschlossen sind, desto geringer ist der Wasserdruck – mit der Folge, dass in höher gelegenen Stadtteilen überhaupt kein Trinkwasser mehr ankommt. „Wer jetzt noch Tanks installiert, stiehlt denen das Wasser, die in höheren Lagen wohnen“, warnt Nikos Zambakides, Chef der Wasserversorgung von Nikosia.

Immer mehr Zyprer versuchen auch, auf ihrem eigenen Grundstück nach Wasser zu bohren: „Die Nachfrage ist sprunghaft angestiegen“, sagt Giorgos Georgiou, Chef der Brunnenbaufirma Clearflow. Doch auch die Bohrungen haben einen Pferdefuß: Je mehr Wasser heraufgepumpt wird, desto schneller sinkt der Grundwasserspiegel – bis schließlich Meerwasser eindringt und die Brunnen versalzen. In vielen küstennahen Gebieten ist das bereits eingetreten.

Neben Krankenhäusern bleiben auch Hotels und Pensionen von den Rationierungen ausgenommen. Schließlich ist der Tourismus der wichtigste Wirtschaftsfaktor der Insel. „Die Urlauber sollten nicht denken, dass sie mit Wasserknappheit konfrontiert werden“, sagt Antonis Trokkos, Bürgermeister des Ferienortes Agia Napa. Er will jetzt kleine mobile Entsalzungsanlagen beschaffen, um zumindest seine Gemeinde mit Trinkwasser zu versorgen.

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