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Duisburger Mafia-Mord: Italienische Justiz will 42 Mafiosi den Prozess machen

Ein Jahr ist vergangen, seitdem am Duisburger Hauptbahnhof sechs Italiener bei einer Schießerei regelrecht hingerichtet wurden. Nun soll in Rom ein Prozess gegen 42 mutmaßliche Mafiosi geführt werden. Die deutsche Polizei ist unterdessen nicht gut auf die italienischen Kollegen zu sprechen. Die Kooperation lasse zu wünschen übrig.

Ein Jahr nach den Mafia-Morden von Duisburg hat die italienische Justiz einen Prozess angekündigt. Die insgesamt 42 Angeklagten sollen in Verbindung mit zwei verfeindeten 'Ndrangheta-Clans stehen, auf deren Fehde laut Ermittlungen auch das Blutbad von Duisburg zurückgeht, wie die Anti-Mafia-Staatsanwaltschaft von Kalabrien am Donnerstag mitteilte. Der Prozess soll am 20. Oktober beginnen. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) kritisierte unterdessen die Kooperation mit den italienischen Behörden in dem Fall als teilweise "defizitär".

Die kalabrische Anti-Mafia-Behörde hatte Ende Juli insgesamt 58 Verdächtige wegen Mitgliedschaft in einer mafiösen Vereinigung, Tötung und Waffenbesitzes angeklagt, darunter auch den flüchtigen Hauptverdächtigen der Tat in Duisburg. Richterin Concettina Garrefa ließ dann am Donnerstag zunächst die Anklagen gegen 42 der Verdächtigen zu. Diese sollen in beschleunigten Verfahren allein auf Grundlage der Beweise und ohne mündliche Verhandlung verurteilt werden. Dafür können sie mit einem geringeren Strafmaß rechnen.

Interesse an Mafia steigt

Nicola Gratteri von der kalabrischen Anti-Mafia-Staatsanwaltschaft sagte, die 'Ndrangheta habe in Duisburg einen Fehler gemacht. "Dieses Gemetzel hat die italienische und die deutsche Polizei gezwungen, sich näher für die kalabrische Mafia zu interessieren".

Der BDK nannte es indessen "nicht hinnehmbar", dass Festnahmen in Italien der Duisburger Kripo erst durch die Medien bekannt geworden seien. Die eigens beim Bundeskriminalamt eingerichtete, binationale "Task-Force" werde dem Anspruch eines intensiven Informationsaustausches bis heute nicht gerecht, erklärte der BDK in Düsseldorf.

Zwar beschreiben laut BDK die Ermittler der 120-köpfigen Mordkommission in Duisburg die Zusammenarbeit mit den kalabrischen Behörden insgesamt als "gut". Allerdings gebe es stets Probleme, wenn es um formale Rechtshilfeersuchen gehe, um Ermittlungshandlungen in Italien auch für einen möglichen deutschen Strafprozess verwertbar zu machen.

"Freibrief für Kriminelle"

Eine bilaterale Ermittlungskommission, wie unmittelbar nach den Mafia-Morden von Duisburg angeregt, sei am Widerstand Italiens gescheitert, kritisierte der BDK-Vorsitzende Klaus Jansen. Das Land weigere sich, ein entsprechendes Abkommen zu unterzeichnen: "Während sich die italienische organisierte Kriminalität wie eine Krake über Europa ausbreitet, versuchen die italienischen Behörden das Problem der Mafia lokal in den Griff zu bekommen. Da wird der Begriff der Souveränität zum Freibrief für gefährliche Kriminelle." Italien dürfe sich nicht länger einer engeren Kooperation in der Verbrechensbekämpfung verschließen, forderte Jansen.

Die in Deutschland lebende italienische Abgeordnete Laura Garavini forderte, die Ermittlungen "mit hohem Einsatz" fortzusetzen. Ein Erfolg in dem Fall wäre nach ihren Worten "ein deutliches Signal, dass der internationale Kampf gegen die organisierte Kriminalität erfolgreich ist und es für Mafiosi nirgendwo in Europa ein Entkommen gibt".

Bei dem Sechsfachmord am frühen Morgen des 15. August 2007 waren in der Nähe des Duisburger Hauptbahnhofs sechs Italiener im Alter zwischen 16 und 38 Jahren mit zahlreichen Schüssen regelrecht hingerichtet worden. Seither seien nicht nur zahlreiche Verdächtige festgenommen, sondern auch Immobilienvermögen in dreistelligem Millionenwert konfisziert worden, sagte Gratteri. Die ständige polizeiliche Beobachtung habe zudem den Geschäften der Clans geschadet, die nach dem Massaker eine gegenseitige Waffenruhe geschlossen hätten. (pb/AFP)

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