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Panorama: Ehemaliger Mitarbeiter verklagt Reynolds wegen Schädigung seiner Gesundheit auf Schadenersatz

Klagen von Rauchern gegen die Zigarettenindustrie sind nunmehr auch in Deutschland anhängig, nachdem die hart bedrängte amerikanische Tabakindustrie in einem Vergleich mit 46 US-Staaten die Zahlung von 206 Milliarden Dollar für Krankheitskosten zugesichert hat. Bei einem am Donnerstag eröffneten Arbeitsgerichtsverfahren geht es nicht ums Rauchen, sondern um Gesundheitsschädigungen, die ein ehemaliger Mitarbeiter im Trierer Werk des Zigarettenherstellers Reynolds durch bei der Tabakaufbereitung verwendete Zusatzstoffe erlitten haben will.

Klagen von Rauchern gegen die Zigarettenindustrie sind nunmehr auch in Deutschland anhängig, nachdem die hart bedrängte amerikanische Tabakindustrie in einem Vergleich mit 46 US-Staaten die Zahlung von 206 Milliarden Dollar für Krankheitskosten zugesichert hat. Bei einem am Donnerstag eröffneten Arbeitsgerichtsverfahren geht es nicht ums Rauchen, sondern um Gesundheitsschädigungen, die ein ehemaliger Mitarbeiter im Trierer Werk des Zigarettenherstellers Reynolds durch bei der Tabakaufbereitung verwendete Zusatzstoffe erlitten haben will. Der Kläger Michael Mühlen, Jahrgang 1960, wirft seinem ehemaligen Arbeitgeber vorsätzliche Herbeiführung einer Berufskrankheit vor. Mühlen war von Dezember 1992 bis Dezember 1998 als Gabelstaplerfahrer tätig.

Brisanter als die im Vergleich zu US-Verhältnissen bescheidene Forderung nach mindestens 30 000 Mark Schmerzensgeld und Ersatz für gegenwärtige und zukünftige Schäden ist der Antrag, das Unternehmen solle darlegen, ob in der Fabrik suchterregende und suchtverstärkende Substanzen in den Tabak eingearbeitet worden seien und um welche Stoffe es sich handle. Mühlens Anwalt Burkhard Oexmann aus Hamm macht geltend, die Benennung der Stoffe sei für eine erfolgreiche Behandlung seines nunmehr erwerbsunfähigen Mandanten notwendig, der sich bei der Arbeit Hirnstoffwechselstörungen und ein Asthmaleiden zugezogen habe. Unternehmenssprecher Ralf Leinweber sagte: "Es gibt keine suchtverstärkenden Stoffe in unseren Zigaretten."

Bei der Auseinandersetzung wird starker Tobak geraucht. Leinweber vertrat die Ansicht, die Klage vor dem Arbeitsgericht Trier basiere auf "bewussten Falschmeldungen, um die deutsche Zigarettenindustrie in Misskredit zu bringen". Reynolds-Anwalt Peter Klappich sprach von "grottenfalschen" Behauptungen. Die Beklagten verdächtigen den gegnerischen Anwalt, ihm gehe es darum, sich ein einträgliches Betätigungsfeld nach US-Vorbild zu schaffen. Zwar könnten Anwälte hier zu Lande nicht auf lukrative Erfolgsbeteiligungen bei gewonnenen Prozessen rechnen wie die amerikanischen, meinte Leinweber, jedoch wirke sich die Menge der Mandate aus, die man als Folge derart spektakulärer Prozesse an sich ziehen könne. Klappich meinte bezüglich des Klägers: "Hier wird jemand missbraucht, der es nicht merkt."

Mühlen wehrte sich entschieden gegen diese Vorwürfe. "Die Wahrheit soll auf den Tisch kommen." Der Ex-Arbeiter bezeichnete sich selbst als erwerbsunfähig. Er lebe derzeit von 1300 Mark Arbeitslosengeld. "Ich hoffe, dass durch dieses Verfahren der wahre Sachverhalt aufgeklärt wird und das Gericht die Ursachen für mein Leiden offenlegt", sagte Mühlen dem Tagesspiegel. "Das wäre vielleicht auch Grundlage für bessere Arbeitsschutzmaßnahmen bei Reynolds und anderen Tabakfirmen." Im Gegensatz dazu führt die Firma an, seit Gründung des Reynolds-Werkes in Trier-Monaise 1971 habe die Berufsgenossenschaft keinen einzigen Verstoß gegen Gesundheits- und Arbeitsschutzbestimmungen festgestellt. Arbeitskollegen des Klägers, die zehn oder 20 Jahre dort gearbeitet hätten, fühlten sich gesund.

Oexmann vertritt die Ansicht, bei der so genannten Giftauswaschung seien in heißen Mischtrommeln Dämpfe freigesetzt worden, die sein Mandant eingeatmet habe. In der Klageschrift ist eine Liste von 559 Zusatzstoffen enthalten, die von amerikanischen Zigarettenherstellern verwendet würden - darunter Ammoniak, Levulin, Theobromin, Glyzerin und Pyridin. Solche Zusatzstoffe bewirkten, dass das Nikotin schneller in Blutbahn und Hirn gelange und eine Abhängigkeit verursache, heißt es.

Das Unternehmen beteuert, die von ihm verwendeten Zusatzstoffe seien legal und orientierten sich an strengen deutschen Gesetzesvorgaben. Die genaue Rezeptur variiere von Marke zu Marke und sei, wie beispielsweise die Rezepturen von Maggi oder Coca Cola, Betriebsgeheimnis. In der Trierer Fabrik werden von rund 1200 Mitarbeitern 106 verschiedene Zigarettenmarken für den Export in 29 Länder produziert.

fkn

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