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Panorama: Eherecht: Verzicht auf Unterhalt - nur ohne Not

Bei aller Freiheit - die Partner eines Ehevertrags können nicht alles so regeln, wie sie wollen. Sind die Lasten sehr ungleich verteilt oder ist der eine Partner in einer viel schlechteren Verhandlungsposition gewesen als der andere, so kann der Vertrag unwirksam sein.

Bei aller Freiheit - die Partner eines Ehevertrags können nicht alles so regeln, wie sie wollen. Sind die Lasten sehr ungleich verteilt oder ist der eine Partner in einer viel schlechteren Verhandlungsposition gewesen als der andere, so kann der Vertrag unwirksam sein. Das gilt besonders, wenn die Frau vor der Heirat schwanger war. Das hat das Bundesverfassungsgericht am Dienstag klargestellt (Az.: 1 BvR 12/92).

Das höchste deutsche Gericht gab damit der Verfassungsbeschwerde einer Frau statt, die 1976 im Alter von 26 Jahren unverheiratet schwanger geworden war. Als sie dies ihrem Partner erzählte, mit dem sie seit zwei Jahren zusammen lebte, antwortete dieser, er habe von vornherein gesagt, er wolle weder Kinder noch heiraten. DerGrund dafür war seine Angst vor Unterhaltsansprüchen im Falle einer Scheidung.

Die Frau ließ daraufhin einen Ehevertrag aufsetzen. Darin verzichtete sie für sich selbst ganz auf Unterhalt, für das Kind wurde eine Zahlung von 150 Mark im Monat ausgemacht. Auch der Mann verzichtete auf Unterhalt. Beide unterschrieben den Vertrag. Im Sommer 1976 heirateten sie, im November wurde der Sohn geboren.

Die Ehe ging zu Bruch und wurde 1989 geschieden. Der Sohn klagte 1990 auf vollständigen Unterhalt und bekam in erster Instanz Recht. Die zweite Instanz jedoch gab dem Vater Recht, da der Vertrag wirksam sei. Dieses Urteil haben die Karlsruher Richter jetzt aufgehoben.

Grundsätzlich besteht zwar zwischen Privatpersonen Vertragsfreiheit. Sie umfasst auch die Freiheit von Ehegatten, ihre ehelichen Beziehungen durch Vertrag zu gestalten. Aber: Die Frau habe auf viel mehr verzichtet als der Mann, so die Richter. Er hatte von ihr ohnehin keinen Unterhalt zu erwarten, da sie erheblich weniger Geld verdiente als er. Zusätzlich wurde er von der Zahlungspflicht entlastet. Das sei unangemessen. Die werdende Mutter habe Anspruch auf Schutz und Fürsorge, die notfalls ein Richter ihr verschaffen müsse. Wenn sie nach dem Verzicht nicht mehr genug Geld für das Kind zur Verfügung habe, sei auch das Kindeswohl durch die Vertragsgestaltung verletzt.

In der Rechtsprechung wird bisher das Argument vertreten, dass die Ehe ohne den Ehevertrag überhaupt nicht geschlossen worden wäre und deshalb der Vertrag frei gestaltet werden dürfe. Diese Auffassung lehnten die Verfassungsrichter ab.

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