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Panorama: Ein tödlicher Böller

"Ich habe die Überreste von Menschen in ihren Autos und Leichen auf den Straßen gesehen", sagte Feuerwehrchef Tulio Nicolini am Sonntag der Zeitung "El Comercio". "Das ist der Horror.

"Ich habe die Überreste von Menschen in ihren Autos und Leichen auf den Straßen gesehen", sagte Feuerwehrchef Tulio Nicolini am Sonntag der Zeitung "El Comercio". "Das ist der Horror." Das Blatt schrieb, dass die Gegend um die Unglücksstraße Cuzco "voll von gestapelten Leichen und Körperteilen" sei. "Das war die Hölle auf Erden", schrie eine verzweifelte Augenzeugin ins Radiomikrofon.

Menschen irrten am Morgen nach dem Inferno in der Brandregion weinend umher, um vermisste Angehörige zu identifizieren. Die betroffene Straße liegt in der historischen Altstadt von Lima, die 1991 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt worden war.

Explodierende Silvesterböller haben die Altstadt von Perus Hauptstadt Lima am Samstag erschüttert. Bis zum Sonntagabend wurden 240 Leichen geborgen. Es gab noch viele Vermisste. Das Unglück in einem Laden für Feuerwerksartikel hatte gegen 19.30 Uhr Ortszeit einen Großbrand entfacht, der mehrere historische Straßenzüge und auch zwei mehrstöckige Einkaufspassagen erfasste, die zum Zeitpunkt des Unglücks voller Menschen waren.

Als eine "Schande für das Land" bezeichnete Innenminister Fernando Rospigliosi den Brand. Er forderte ein Verbot von Feuerwerkskörpern, die in Peru vorwiegend unter illegalen Umständen hergestellt und verkauft werden. Staatsanwältin Flor Peralta kündigte Ermittlungen an. Die Ursache der Tragödie ist ihrer Ansicht nach bei der Verantwortungslosigkeit und Fahrlässigkeit der Menschen und einiger Behörden zu suchen.

Die erste Böller-Detonation löste eine Kettenreaktion anderer Knallkörper aus. Der Brand verbreitete sich rasend schnell in den Geschäften des Zentrums. Es gab kaum Notausgänge und Feuerlöscher, die Feuerwehr beklagte Wassermangel. Das Fernsehen zeigte, wie Kunden der Einkaufspassagen und Verkäufer, die im Flammenmeer gefangen waren, sich in den höheren Etagen zu Dutzenden vor Fensteröffnungen mit Gitterstäben drängten. Sie schrien verzweifelt, schnappten nach Luft und versuchten auch, durch die engen Gitter auf die Straße zu springen. Einige flüchteten auf die Dächer.

Inmitten der Panik und des Chaos schlossen sich etliche Ladenbesitzer aus Angst vor Plünderungen in ihren Geschäften ein und kamen so ums Leben. Auch Taxifahrer und Passanten vor dem Gebäude sollen Opfer der Flammen geworden sein. Die mehr als tausend eingesetzten Feuerwehrleute brauchten nahezu vier Stunden, bis sie gegen Mitternacht den Brand unter Kontrolle hatten. Die historische Altstadt von Lima, das heute sechs Millionen Einwohner hat, wurde 1991 von der UN-Kulturorganisation Unesco als Weltkulturerbe anerkannt. Die 1535 gegründete peruanische Hauptstadt trug bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts hinein den Titel "Stadt der Könige". Sie repräsentierte Glanz und Reichtum der spanischen Kolonialmacht in Südamerika. Viele der Bauten in der Altstadt gelten mit ihren reichen, oft geschnitzten Verzierungen im Kolonialstil als gelungene Verbindung zwischen der traditionellen Kunst des Landes und dem spanisch- maurischen Stil der Eroberer aus der "Alten Welt".

Anne Grüttner

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