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Panorama: Eine Million für ein zerknittertes Stück Papier

Energieversorger ersteigert Jens Lehmanns Spickzettel aus dem Elfmeterschießen im WM-Viertelfinale gegen Argentinien

Der deutsche Energiekonzern EnBW hat Jens Lehmanns Spickzettel für eine Million Euro ersteigert. Arbeitsdirektor Bernhard Beck und der Vorstandsvorsitzende Utz Claassen nahmen den Zettel von Jens Lehmann in Berlin in Empfang. Lehmann hatte den Spickzettel für die „Ein Herz für Kinder“-Spendengala von ZDF und „Bild“ am Samstagabend in Berlin zur Verfügung gestellt. Moderator Thomas Gottschalk kündigte das unscheinbare Stück Papier als „eines der wichtigsten Dokumente des Fußballsommers“, „eine Reliquie“ und ein „Kultobjekt“ an, das Lehmann sich „im Moment der Entscheidung aus den Socken gepult“ habe. Vorher witzelte der Moderator, er habe nur durch die Sendung führen dürfen, weil er sich rasiert und gewaschen habe.

Im Viertelfinale der WM gegen Argentinien hatte Lehmann den Zettel mit den Vorlieben der argentinischen Elfmeterschützen von Torwarttrainer Andreas Köpke bekommen. Lehmann hielt den Schuss von Roberto Ayala, Köpkes Tipp – „lange Warten, langer Anlauf, rechts“ – war richtig gewesen. Nur zwei der fünf argentinischen Schützen standen überhaupt auf dem Zettel. Köpke hatte mit den ausgewechselten Riquelme und Crespo sowie mit Messi, Aimar und Heinze als Schützen gerechnet. Maxi Rodriguez traf, obwohl Köpke dem deutschen Torwart die richtige Ecke angegeben hatte.

Vor dem letzten Elfmeter studierte Jens Lehmann den Spickzettel sehr intensiv, obwohl darauf zum Schützen Esteban Cambiasso keinerlei Hinweise standen. Aber Cambiasso ließ sich aus der Ruhe bringen, Lehmann hielt den Elfmeter, Deutschland stand im Halbfinale. Der Zettel hatte im Vorfeld der Sendung für Spannung erzeugt. Die „Bild“ hatte in ihrer Samstagsausgabe einen geheimnisvollen Spender angekündigt, der eine Million Euro geboten habe. Dabei stand der Abend eigentlich ganz im Zeichen der Kinder und der Hilfsaktionen. Schon am Beginn der Sendung machte Gottschalk den Zuschauern klar, was der Sinn der Gala sein sollte: „Was wir von Ihnen brauchen, ist nichts anderes als Ihr Geld!“ Die zahlreichen Prominenten, die an Telefonen Spenden entgegennahmen, wies der Moderator an, den Anrufern „die Kohle aus den Taschen zu leiern“. Stars wie Reinhold Beckmann, Otto Waalkes oder Veronica Ferres beteiligten sich an der Aktion, per Videobotschaft rief das Entführungsopfer Natascha Kampusch zur Hilfe für bedürftige Kinder auf. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel besuchte die Gala und sprach einige Minuten über die jüngsten Fälle von Kindesvernachlässigung in Deutschland. Verona Pooth stellte ein Projekt der Kindernothilfe in Bolivien vor, das Kinder medizinisch versorgt und ernährt, die in Minen arbeiten müssen.

Während der Musikauftritte – unter anderem von Dionne Warwick oder Tokio Hotel – blendete das ZDF die Namen von Anrufern und deren Spendensummen zwischen drei und 10 000 Euro ein, bereits nach einer guten Stunde verkündete Karl Dall einen Zwischenstand von 1 792 926 Euro. Am Ende waren einschließlich des Spickzettel-Erlöses 6 612 484 Euro für Not leidende Kinder in Deutschland und der ganzen Welt zusammengekommen.

Fast wäre der Zettel im Müll in einer Kabine des Berliner Olympiastadions gelandet, er fiel Lehmann aber noch einmal zufällig in die Hände. „Da hab ich gedacht: Ich heb ihn mal auf“, sagte Lehmann in der Sendung. EnBW will den Spickzettel im Haus der Geschichte in Bonn ausstellen.

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