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Panorama: Eine Nacht in der Gondel

Drama im Allgäu – erst nach 18 Stunden sind die Insassen gerettet

München - Die Erleichterung ist riesig, als die letzten Geretteten aus dem Hubschrauber steigen und wieder sicheren Boden unter den Füßen haben. Einige lachen, andere umarmen sich oder verschwinden hastig in einem der aufgebauten Rettungszelte. Für 20 Menschen war eine Seilbahnfahrt im Allgäu – nahe dem Märchenschloss Neuschwanstein – zum Albtraum geworden.

Bei der Rückfahrt ins Tal blieb die Gondel am Freitagmittag plötzlich stecken. Doch es war keine kurzfristige Störung, die schnell vorbei war. Die Touristen und der Gondelführer mussten mehr als 18 Stunden in der Zwölf-Quadratmeter-Kabine ausharren, rund 100 Meter über der Erde. Erst am Samstagmorgen konnten sie mit Hubschraubern befreit werden. „Man hat gemerkt, wie die ganze Spannung von den Leuten abfiel“, sagte Roland Ampenberger, Sprecher der Bergwacht Allgäu, nach der dramatischen Hilfsaktion.

Hinter den Betroffenen aus Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen lag eine Nacht voller Angst und Ungewissheit. 250 Rettungskräfte waren im Einsatz, doch sie mussten den Rettungsversuch am späten Abend zunächst abbrechen. Zu gefährlich sei die Bergung am Steilhang des Tegelberges mit dem Hubschrauber gewesen, erklärte Ampenberger. „Der Wind war einfach zu stark.“ Mithilfe einer Seilwinde und eines Seilfahrgeräts versorgten die Bergretter die Eingeschlossenen. Sie brachten Essen, Trinken, Decken und warme Schutzanzüge. Unter den Touristen waren auch fünf Kinder zwischen vier und zwölf Jahren.

Ein Gleitschirmflieger hatte sich am Freitag gegen 13 Uhr in den Seilen der Allgäuer Tegelbergbahn verfangen und sie damit blockiert. Der Pilot des Tandemschirms und sein Mitflieger kamen mit leichten Verletzungen davon. Der Gleitschirmflug hing nach Angaben der Polizei möglicherweise mit Dreharbeiten für einen Film zusammen. Sollte sich dies bestätigen, kämen mehr Menschen für eine mögliche strafrechtliche Verantwortung infrage, sagte ein Polizeisprecher.

Trotz der Notlage blieben die Eingeschlossenen in der Gondel ruhig. „Es war keine Panik da. Die Menschen haben Gespräche geführt und sich gegenseitig gestärkt“, sagte Ampenberger. Das lag auch an den Bergrettern, die für die Nacht mit in die Gondel geklettert waren. Sie beruhigten die Insassen und erklärten ihnen die nach Sonnenaufgang geplante Rettung. An Schlaf war dagegen kaum zu denken. Die Kabine war zu klein, als dass sich alle hätten hinlegen könnten. „Sie haben sich wohl mit dem Stehen abgewechselt“, vermutete Ampenberger. Als Toilette diente eine Luke im Boden der Gondel.

Als es hell wurde, ging plötzlich alles ganz schnell. Im Morgengrauen startete der erste Rettungshubschrauber der Bergwacht. Nach und nach wurden alle Touristen sowie der Gondelfahrer mit einem Seil nach oben in den Hubschrauber gezogen. Die Geretteten wurden abgeschirmt, in einem Zelt medizinisch betreut und mit Essen, Getränken und Decken versorgt. Bereits nach zwei Stunden konnten die Betroffenen die Zelte verlassen – und nach Hause gehen. dpa

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