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Panorama: EineKleinstadtzweifelt

Bad Münder Bürger misstrauen

Bad Münder (mm). Die Auskünfte der Behörden nach dem Zugunglück von Bad Münder haben etwas Gebetsmühlenartiges: Von der Unfallstelle im Bahnhof der Kleinstadt zwischen Hannover und Hameln, wo vor mehr als einer Woche ein Kesselwaggon mit dem Gift Epichlorhydrin in die Luft geflogen ist, geht laut Messungen keine Gefahr aus. Warum mittlerweile mehr als 450 Menschen mit Atembeschwerden und Kopfschmerzen in Behandlung sind und warum zur Beweissicherung wegen eventueller Spätfolgen durch Giftaufnahme Blutproben von Einsatzkräften eingefroren werden, gehört zu den Widersprüchen und Rätseln, die die Münderaner derzeit quälen. Daran konnte auch eine Informationsveranstaltung im örtlichen Stadion mit rund 1000 besorgten Bürgern nur wenig ändern.

Die Leiterin des zuständigen Gesundheitsamtes trat im Stadion den Ratschlägen einiger Hausärzte entgegen. Diese hätten empfohlen, Eltern sollten mit ihren Kindern Bad Münder verlassen. „Ich halte das für eine gefährliche Panikmache, eine Außenseitermeinung, die wissenschaftlich nicht fundiert ist“, sagte Helga Tödt. Die Bürger beruhigt das nicht. Epichlohydrin, so haben sie inzwischen erfahren, wirkt toxisch auf Leber und Nieren, kann zeitweise Unfruchtbarkeit und langfristig Krebs hervorrufen.

Ein Münderaner beklagte sich in der Versammlung, das Gesundheitsamt habe empfohlen, Obst und Gemüse im Umkreis der Unfallstelle nicht zu essen, die Kinder hätten aber auf den Wiesen spielen dürfen.

Mittlerweile haben mehr als 100 Anwohner ihr Blut einfrieren lassen. Ein beweismittel. Am Wochenende waren bereits von den 408 Einsatzkräften Blutproben genommen worden, die in der Unfallnacht vor Ort waren und von denen einige, als das Ausmaß der Katastrophe noch nicht klar war, ohne die notwendige Schutzkleidung erschienen. Die ersten Ergebnisse werden der Tests heute bekannt gegeben. Immerhin: Stationäre Behandlungen habe es nicht gegeben, heißt es vom Gesundheitsamt.

Die Behörden setzen mittlerweile auf Kooperation mit den Bürgern. Der Chemiker und Grünen-Politiker Helmut Burdorf wurde in den Krisenstab berufen, um Vertrauen herzustellen.

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