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Elementarteilchen: Schneller als Licht?

Cern-Forscher wollen Teilchen gefunden haben, die Einsteins Relativitätstheorie relativieren könnten.

Nichts und niemand kann schneller sein als das Licht. Das ist eine der zentralen Aussagen von Albert Einsteins Relativitätstheorie, die bislang jeder experimentellen Prüfung standgehalten hat. Nun haben allerdings Physiker Hinweise dafür erhalten, dass „Neutrinos“ genannte Elementarteilchen diese Geschwindigkeitsbegrenzung bei 299 792 Kilometern pro Sekunde überschreiten können. Zwar nur um 20 Millionstel, was rund sechs Kilometer pro Sekunde mehr bedeutet, aber auch das wäre eine physikalische Revolution – wenn die Daten korrekt sind.

Die Forscher haben gemessen, wie viel Zeit Neutrinos benötigen, um von einem Beschleuniger am Kernforschungszentrum Cern in Genf bis zu einem 730 Kilometer entfernten Detektor in den italienischen Abruzzen zu fliegen. Und zwar quer durch den Untergrund, denn die extrem leichten Elementarteilchen stoßen nur sehr selten mit anderen Teilchen zusammen. Sie können mühelos Menschen, Häuser, ja ganze Planeten durchdringen. Theoretisch sollten die seltsamen Teilchen für die Strecke von Genf bis zum „Opera“-Detektor im Gran-Sasso-Massiv 2,4 Millisekunden (Tausendstel Sekunden) benötigen. Messungen von gut 15 000 Neutrinos hätten jedoch ergeben, dass diese im Schnitt 60 Nanosekunden (Milliardstel Sekunden) früher eintrafen.

„Das Ergebnis kommt völlig überraschend“, sagt Antonio Ereditato, Leiter des Opera-Experiments laut einer CernMitteilung. Monatelang hätten er und sein Team die Daten überprüft, nach möglichen Fehlern gesucht. Doch sie fanden nichts, was die Geschwindigkeitsübertretung erklären könnte. Darum gehen die Forscher jetzt an die Öffentlichkeit und bitten andere Physiker, die Messungen, die auf „Arxiv.org“ publiziert sind, kritisch zu prüfen. „Bei ungewöhnlichen Ergebnissen ist das ein übliches Verfahren“, sagt der Cern-Forschungsdirektor Sergio Bertolucci. So funktioniert Wissenschaft. Von einer Verletzung der Relativitätstheorie wollen die Forscher noch lange nicht sprechen. „Die potenziellen Auswirkungen auf die Wissenschaft sind zu groß, um bereits jetzt Schlüsse zu ziehen oder eine physikalische Interpretation zu versuchen“, betont Ereditato. „Falls die Messungen bestätigt werden, könnten sie unsere Sicht auf die Physik verändern“, fügt Bertolucci hinzu. „Aber wir müssen sicher sein, dass es keine anderen, banaleren Erklärungen gibt. Das erfordert unabhängige Messungen.“ Bis dahin bleibt das Licht weiter Rekordhalter. mit dpa

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