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Ein Ausschnitt aus der Persiflage eines Werbespots von United Airlines in der Sendung von Jimmy Kimmel.

© Youtube

Empörung über United Airlines: Brutaler Rauswurf: US-Fluggesellschaft schiebt Schuld auf Passagiere

Sicherheitsleute werfen einen Mann in den USA brutal aus einem überbuchten Flugzeug. United Airlines sagt, die Crew habe sich richtig verhalten und schiebt die Schuld auf die Passagiere.

Die Stewardess lächelt ein bezauberndes Lächeln. „Sie fliegen, wenn wir es sagen. Wenn nicht – Pech gehabt“, sagt sie und zeigt ihre mit Schlagringen bewehrten Fäuste. Die Persiflage eines Werbespots der Fluggesellschaft United Airlines in der Sendung des Fernsehkomikers Jimmy Kimmel wurde am Dienstag in den USA zum Internet-Hit. Dass eine Airline einen unbescholtenen Passagier trotz bezahltem Ticket mit Polizeigewalt aus einem startbereiten Jet schleifen lässt, ist schlimm genug. Dass United Airlines die Schuld an dem Zwischenfall dann auch noch dem misshandelten Passagier gibt, macht die Angelegenheit zum Skandal. Kritiker sehen System hinter der Arroganz von Unternehmen ihren zahlenden Kunden gegenüber.

Die Crew eines United-Fluges von Chicago nach Louisville in Kentucky hatte am Sonntag die Polizei gerufen, nachdem ein Passagier die Maschine nicht verlassen wollte: Die Fluggesellschaft wollte vier ihrer Mitarbeiter nach Louiville fliegen und suchte deshalb „Freiwillige“, die ihren bezahlten Sitzplatz aufgeben würden. Weil sich nur drei meldeten, befahl das Personal einem vierten Mann, er solle aussteigen. Als er sich weigerte, ließ die Airline den schreienden Passagier von den Beamten mit Gewalt von Bord schleifen.

Mitreisende filmten die Misshandlung und brachten United damit in die Bredouille. Die Bilder zeigten, dass der Passagier blutete – offenbar hatte er sich bei den brutalen Behandlung durch die Polizei verletzt. Wenig später kehrte der Mann ins Flugzeug zurück und wurde erneut mit Gewalt aus dem Jet entfernt, diesmal auf einer Krankentrage.

Das "Verhalten der Passagiere" habe die Lage verschlimmert

Wäre es nach United gegangen, hätte die Episode keine weiteren Folgen gehabt. Nur die Aufregung, die durch die Videos von der Misshandlung des Reisenden ausgelöst wurde, zwang das Unternehmen zu Stellungnahmen – doch statt einer Entschuldigung kamen von United selbstgerechte Kommentare. Firmenchef Oscar Munoz sprach beschönigend davon, die Passagiere hätten leider „einen Ortswechsel vollziehen“ müssen. Die Crew habe sich richtig verhalten, schrieb Munoz an seine Mitarbeiter. „Unglücklicherweise“ habe das Verhalten des Passagiers die Lage so verschlimmert, dass die Polizei habe einschreiten müssen.

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Kein Wort davon, dass der Passagier sein Ticket bezahlt hatte. Kein Wort davon, dass er seinen Platz aufgeben sollte, um United-Angestellten Platz zu machen. Kein Wort des Bedauerns über einen Vorfall, der zu einer ganzen Welle von Boykottaufrufen führte. Politiker in Washington verlangen bereits eine Untersuchung des Skandals durch den Kongress. Anders als United-Chef Munoz zeigte die Flughafenpolizei von Chicago ein gewisses Problembewusstsein und suspendierte einen der an der Aktion beteiligten Beamten vom Dienst.

Wie viele Fluggesellschaften verkauft United häufig mehr Tickets als Plätze in einem Flugzeug vorhanden sind, weil damit zu rechnen ist, dass manche Passagiere nicht auftauchen. Wenn das Überbuchen zu Problemen führt, wird versucht, genügend Reisende mit Geldprämien zum Verzicht zu bewegen. Auch bei dem Skandal-Flug von United war das der Fall, nur reichten die angebotenen 800 Dollar dafür nicht aus; mehr Geld zu bieten, kam den United-Angestellten offenbar nicht in den Sinn. Der schließlich von Bord geschleifte Mann sagte, er sei Arzt und werde im Krankenhaus gebraucht.

Teenagern wurde das Tragen von Leggings an Bord verboten

Kritiker stellen jetzt die Frage, warum die aus Steuergeldern bezahlte Polizei als Vollstreckerin eines Unternehmens eingesetzt wurde, das einen zahlenden Kunden loswerden wollte. Außerdem habe United mit der Misshandlung bewiesen, dass für das Unternehmen die eigenen Angestellten, die nach Louisville gebracht werden sollten, wichtiger seien als die Passagiere, sagte Michael McCall, ein Professor für Hotel- und Gastgewerbe, der „Los Angeles Times“. Es sei ihm völlig schleierhaft, wie jemand auf einen solchen Gedanken kommen könne.

Nun hat sich United Airlines nicht nur eine mögliche Millionen-Klage des betroffenen Passagiers, sondern das größte PR-Disaster in der amerikanischen Luftfahrtindustrie seit langem eingebrockt. Erst vor zwei Wochen hatte die Fluggesellschaft für Negativ-Schlagzeilen gesorgt, weil einigen Teenagern das Tragen von Leggings an Bord verboten wurde.

Doch auch in anderen Bereichen werden Kunden in Amerika häufig wie Bittsteller behandelt: So sind lange Wartezeiten in Restaurants trotz Tischreservierung völlig normal. Hotelgäste müssen hin und wieder das eigene Bett beziehen. Wenn es um die Behandlung ihrer Kunden gehe, verhielten sich viele US-Unternehmen „gedankenlos, unsensibel, rücksichtslos, unverantwortlich und einfach nur dumm“, schrieb „Los Angeles Times“-Kolumnist David Lazarus. Auch das Wirtschaftsmagazin „Forbes“ kritisierte eine Unternehmenskultur, in der es ausschließlich auf Profitmaximierung und Effizienz ankomme, die aber einen Faktor schlichtweg vergesse: den Kunden.

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