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Abtritt vom Amt im Februar 2012.

© dpa

Panorama: Ende eines Traums

Bettina und Christian Wulff haben sich getrennt – man durfte ahnen, was diese öffentliche Beziehung aushalten musste.

Von Antje Sirleschtov

Sie waren das Glamourpaar des Landes. Er schaffte es vom geachteten Ministerpräsidenten in Niedersachsen ins höchste Staatsamt, das Deutschland zu vergeben hat. Und sie glänzte als seine junge und attraktive Frau. Als Christian und Bettina Wulff im Sommer 2010 im Garten des Berliner Schlosses Bellevue zum ersten Mal zum Sommerfest des Bundespräsidenten einluden, da schien das etwas angestaubte Image des deutschen Staatsoberhauptes plötzlich aufpoliert: Modern und elegant, so sollten und wollten sie Deutschland fortan in der Welt repräsentieren. Zum ersten Mal in der Geschichte überhaupt sah man in jenem Jahr zur traditionellen Weihnachtsansprache des Präsidenten keinen älteren Herrn am biederen Schreibtisch sitzen, sondern eine Familie mit Kindern und Gästen vor dem Weihnachtsbaum. Dass es später anders kam, dass dem großen Aufstieg ein bitteres Ende folgte, war damals noch nicht absehbar.

An diesem Montagmorgen nun, haben beide in Hannover einen Anwalt aufgesucht. Gernot Lehr teilte später mit: „Bettina und Christian Wulff haben sich am Wochenende einvernehmlich räumlich getrennt, nehmen ihre Verantwortung für ihren Sohn gemeinsam wahr und werden keine weiteren Erklärungen zu ihrer privaten Situation abgeben.“ Am Wochenende soll Christian Wulff bereits aus dem gemeinsamen Haus in Großburgwedel aus- und in eine Mietwohnung in Hannover eingezogen sein. Bettina Wulff und ihre beiden Kinder bleiben dort vorerst wohnen. Eine Ehe, die den Boulevard fasziniert und die deutsche Politik gleichermaßen bewegt hat, ist zu Ende. Die Verbindung des Erfolgspolitikers Christian Wulff, Mitte fünfzig, und seiner schönen Begleiterin Bettina, Ende dreißig, hat nur den gemeinsamen Aufstieg überstanden. Für den Weg nach unten fehlte ihr ganz offensichtlich die Kraft.

Ende Dezember bereits titelte die „Bunte“, die beiden Wulffs würden Deutschland im Jahr 2013 „überraschen“. Von zahllosen Bildern begleitet konnte man dort lesen, wie sehr Skandale, Intrigen und politische Affären die Verbindung zweier Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, zermürben können. Von einer „Nulllinie der Liebe“ war die Rede und jeder, der in den letzten Monaten im Landtag von Hannover spazieren gegangen war, hatte schon von Gerüchten und Mutmaßungen gehört: Die halten nicht durch, das schaffen die nicht.

Sie haben es nicht geschafft. Bettina Wulff hat aus der Belastung der Rücktrittsaffäre ihres Mannes für das Paar schon zur Jahresmitte keinen Hehl gemacht. In ihrem Buch „Jenseits des Protokolls“ berichtete die PR-Expertin nicht nur ausführlich, wie sie selbst und auch ihr Mann die Zeit zwischen Weihnachten 2011 und dem Rücktritt des Bundespräsidenten im Februar 2012 erlebt haben: Verdächtigungen, Anwürfe, Untersuchungen und immer wieder Geschichten in den Zeitungen, die ihren Mann als gierigen Selbstbediener und sie als seine luxusverwöhnte Begleiterin beschrieben haben. Ohne viel Zurückhaltung legte Bettina Wulff auch die Story ihrer Ehe offen: Wie sie, alleinerziehende Mutter eines kleines Kindes, den erfolgreichen Ministerpräsidenten kennengelernt hatte. Wie sie ihn zunächst für oberflächlich hielt und dann doch lieben lernte. Und wie sie schließlich darunter gelitten hat, plötzlich, als Ehefrau des Bundespräsidenten, tagtäglich in der Öffentlichkeit zu stehen.

Ertragen hat sie diese totale Transparenz offensichtlich noch, solange sie an der Seite eines allseits geachteten Staatsmannes stand. Schicke Empfänge, tolle Reisen und das Zusammentreffen mit Berühmtheiten in aller Welt haben ihr das Korsettgefühl eines solchen Amtes, so kann man zwischen Zeilen ihres Buches jedenfalls lesen, erträglich erscheinen lassen. Als schließlich undurchsichtige Privatkredite, zweifelhafte Freunde und Urlaube den Bundespräsidenten in Bedrängnis brachten, wurde es ihr wohl zu viel. Nähe und Vertrauen, diese beiden wichtigsten Begleiter eines Ehepaares in schwierigsten Zeiten, erwiesen sich bei den Wulffs als brüchig. Während der Rücktrittserklärung ihres Mannes am 17. Februar 2012 im Schloss Bellevue stand Bettina Wulff in einem eleganten schwarzen Kostüm mit erhobenem Haupt mit etwas Abstand vor den Kameras und sah fest in die Augen der Journalisten, was viele als Zeichen von Anstand und Klarheit betrachtet haben und was ihr damals viel Respekt einbrachte. Als dieselbe Frau kurz darauf ihr eheliches Innenleben ausführlich zwischen zwei Buchdeckeln präsentierte und sogar über eine Therapie des Paares berichtete, da schien sich das Bild herumzudrehen. Plötzlich wurde aus der geachteten Bettina Wulff die kalt Berechnende. War doch klar, wurde allerorten getuschelt: Die ist weg, wenn der Ruhm weg ist.

Was die Trennung von seiner Frau Bettina und der Zerfall der Familie (beide haben einen gemeinsamen Sohn, Linus) für Christian Wulff bedeuten mag, das kann man sich nur schwer vorstellen. Zu ahnen ist es. Wulff war nie einer, der sein Privatleben unter Verschluss hielt. Am Familienleben mit seiner ersten Frau, beide haben eine gemeinsame Tochter, ließ der damalige Ministerpräsident seine Landsleute ausführlich teilhaben. Zu Homestorys lud Wulff die Journalisten ein, man sah das Rundum-Glück einer heilen deutschen Mittelstandsfamilie. Seine Frau berufstätig, die Tochter ein fröhliches Mädchen, ein nettes Haus im Grünen, Ponys, bunte Blumen. „Der Traum aller Schwiegermütter“, titelten damals die Zeitungen. Ein idealer Landesvater für die Niedersachsen.

Und auch, als Wulff 2006 Bettina Körner kennenlernte, waren die Medien wieder mit dabei. Auseinandergelebt hätten er und seine Frau sich, man gehe in Freundschaft auseinander, werde für die Tochter gemeinsam sorgen, trage sich nichts nach, ließ Wulff verkünden. Strahlend und stolz sah die Öffentlichkeit ihn sein neues Glück genießen. Eine weltgewandte und kluge Frau, schön anzusehen. Erst viel später, während der weitreichenden Veröffentlichungen über das Leben der beiden Wulffs, durfte man ahnen, was er für diese Beziehung wohl in Kauf genommen haben muss. Eine teure Hochzeit, bei der ein vermögender Freund aushalf. Ein ansprechendes Haus in guter Lage, das sich Wulff eigentlich nicht leisten konnte und für das wiederum ein Freund um Hilfe ersucht werden musste. Reisen und Urlaube in kostspielige Hotels. Christian Wulff hat es so deutlich nie gesagt, aber vermuten darf man, wie er sich gestreckt hat, um dieser Frau zu imponieren und ihr ein Leben in Glanz und Gloria zu bieten.

Ein Jahr liegt der Höhepunkt der politischen Affäre Wulff nun zurück. Aus dem Schloss Bellevue schied Mitte Februar 2012 schließlich ein Politiker, der der Vorteilsnahme im Amt verdächtigt wurde, der sich seiner gesamten Reputation und der Integrität beraubt sehen musste – und der bis heute keine Ruhe finden wird, weil immer wieder Debatten um seine Bezüge, seine Dienstwagen und deren Angemessenheit diskutiert werden. Wie schwer dieser Sturz des Politikers Wulff aus größter Höhe den Menschen Christian Wulff getroffen haben muss, davon zeugen seither nur die Bilder, die es von ihm gibt, wenn er dann und wann bei öffentlichen Terminen ins Visier von Fotografen und Kameraleuten tritt. Ein abgemagerter, ein gebeugter, ein mutloser Mann ist darauf zu sehen. Grauhaarig und mit stumpfem Blick.

Ein Schatten des Mannes, der einst im Bundestag mit strahlendem Lächeln den Applaus der Volksvertreter nach seiner Wahl zum Bundespräsidenten entgegennahm. Und nun steht er auch persönlich alleine da. Ob sie ihn verließ, weil man mit einem wie ihm keinen Staat mehr machen kann, oder ob er sie verließ, weil sie ihn in dieser schweren Zeit nicht stützen konnte? Das alles ist die private Angelegenheit dieses Paares und am Ende für die Öffentlichkeit auch ohne Belang. Man muss sich vielleicht sogar wünschen, dass zumindest diese Intimitäten dort bleiben, wo sie hingehören, in den Kreis der Familie nämlich.

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