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Luka Rocco Magnotta, auch bekannt unter dem Namen „Porno-Killer“, soll im Frühjahr 2012 einen Studenten enthauptet, zerstückelt und teilweise verspeist haben.

© Reuters

Endstation Neukölln: Kannibalismus? Prozess gegen Rocco Magnotta beginnt

Luka Rocco Magnotta soll 2012 einen chinesischen Studenten getötet, zum Teil verspeist und Leichenteile an Kanadas Premierminister geschickt zu haben. Der Tipp zur Festnahme kam aus Berlin.

Ottawa - In Montreal hat am Montag das Strafverfahren in einem der schockierendsten Kriminalfälle der kanadischen Geschichte begonnen. Der 32-jährige Luka Rocco Magnotta ist angeklagt, Ende Mai 2012 einen chinesischen Studenten getötet, zerstückelt und Leichenteile unter anderem an Kanadas Premierminister geschickt zu haben. Nach einer internationalen Fahndung wurde er in Berlin festgenommen.

Am 29. Mai 2012 war der Zentrale der Konservativen Partei von Stephen Harper in Ottawa ein Paket zugestellt worden, aus dem Verwesungsgeruch aufstieg. „Es war so ein schrecklicher Geruch. Viele von uns werden ihn wohl nie vergessen“, beschrieb damals Parteisprecher Fred DeLorey die Situation. Das Paket enthielt einen menschlichen Fuß. Wenige Stunden später wurde im Hauptpostamt Ottawa ein an die Liberale Partei addressiertes Paket mit einer menschlichen Hand entdeckt. Zweihundert Kilometer östlich, in Montreal, wurde am gleichen Tag der Torso eines Menschen in einem Koffer unter Müllsäcken gefunden.

Die Ermittlungen ergaben, dass der Koffer dort bereits mehrere Tage gelegen hatte. Der Verdacht richtete sich gegen Luka Rocco Magnotta aus Scarborough bei Toronto, der unter mehreren Namen auftrat und sich selbst als Model und Porno-Darsteller bezeichnet haben soll.

Einige Tage später trafen an Schulen in British Columbia zwei Pakete mit Leichenteilen ein. Als Opfer wurde der 33 Jahre alte Student Jun Lin aus Wuhan in China identifiziert, der an der Concordia-Universität von Montreal Computer- Ingenieurwesen studierte. Zur gleichen Zeit tauchte im Internet ein Video auf, das die Tötung Jun Lins zeigen soll. In der internationalen Berichterstattung wurde Magnotta manchmal als „kanadischer Kannibale“ bezeichnet, was sich offenbar auf das Video bezieht, das im Mai 2012 im Internet aufghetaucht war und angeblich die Tat darstellt. Darin soll zu sehen sein, wie der Täter mit einem Eispickel auf einen nackten jungen Mann einsticht, den Körper später zerstückelt und „anscheinend sexuelle und kannibalistisch Handlungen“ an ihm vornimmt, wie es in kanadischen Medien heißt.

Seine Spur führte zunächst nach Paris. Die Nachricht von der Festnahme des Mannes kam am Nachmittag des 4. Juni 2012 aus Berlin. In einem Internet-Café in Neukölln hatte der Angestellte Kadir Anlayisli Magnotta erkannt und die Polizei alarmiert. Magnotta hatte am Computer Berichte über sich selbst gelesen. Er ließ sich widerstandslos festnehmen. „You got me“, sagte er den Polizisten bei der Festnahme – ihr habt mich. Wenige Tage später wurde Magnotta an Kanada ausgeliefert.

Magnotta ist des Mordes angeklagt und weiterer Straftaten im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des Videos und des Versendens von Körperteilen - Kannibalismus ist nicht Bestandteil der Anklage. Im ersten Gerichtstermin in Kanada nach Überstellung an die Behörden Kanadas hatte sich Magnotta „nicht schuldig“ bekannt.

Jun Lins Eltern wollen Gerechtigkeit. Sie wünschen, dass Beweisstücke aus Respekt vor ihrem Sohn nicht der Öffentlichkeit gezeigt werden – und dass er in Montreal, der Stadt, die er so liebte, nicht vergessen wird. Jun Lin wurde in Montreal beigesetzt. Am 25. Mai, dem zweiten Todestag Lins, hatten seine Freunde zu seinem Gedenken Kerzen in einem Park der Stadt angezündet. Gerd Braune

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