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Kühlung vorübergehend ausgefallen. Das Atomkraftwerk Fukushima Daini am Tag nach dem Erdbeben.

© REUTERS

Erdbeben in Japan: Ein heftiger Stoß

Vor Fukushima ist es erneut zu einem schweren Erdbeben mit einem Tsunami gekommen. Doch dieses Mal waren die Folgen gering. Die Welle war nur eineinhalb Meter hoch.

Morgens um sechs Uhr sind die Menschen in Tokio und im gesamten Nordosten Japans von einem heftigen Erdbeben geweckt worden. Zunächst hatten die japanischen Behörden eine Stärke von 7,4 festgestellt, später korrigierten sie den Wert auf 6,9. Die japanische Wetterbehörde sieht in dem starken Erdbeben, das etwa 25 Kilometer unter dem Meeresgrund nahe der Stadt Fukushima sein Epizentrum hatte, ein Nachbeben des verheerenden Erdstoßes im März 2011. Sie rechnet in den kommenden Tagen mit weiteren starken Erdbeben. Am Dienstag gab es wie 2011 wieder eine Tsunami-Warnung. Etwa 3000 Menschen haben eilig ihre Häuser verlassen und sich in Notaufnahmelagern in Sicherheit gebracht. Doch diesmal war die Welle nicht besonders hoch.

Die „Japan Times“ zitiert eine 48-jährige Frau, die mit ihrem 13-jährigen Sohn auf dem Weg in einen Schutzraum war, mit den Worten: „Die Sirenen haben die Erinnerungen an das große Erdbeben 2011 wieder zurückgebracht.“ Doch diesmal kam die Region glimpflich davon. 2011 waren knapp 20 000 Menschen ums Leben gekommen, als eine bis zu 14 Meter hohe Welle über das Land hereinbrach – und in der Folge in drei Atomkraftwerken in Fukushima Daiichi zu einer Kernschmelze führte. Dieses Mal war die Welle in Fukushima Daiichi nur ein eineinhalb Meter hoch. Das Gelände wurde nach Informationen der deutschen Gesellschaft für Reaktor- und Anlagensicherheit (GRS), die seit 2011 regelmäßig über den Zustand der Anlagen berichtet, nicht überschwemmt. Die Hunderten von großen Wassertanks, in denen radioaktiv verseuchtes Wasser aus der Notkühlung der Reaktoren lagert, sind offenbar nicht beschädigt worden.

In Fukushima Daini fiel vorübergehend die Kühlung aus

Im benachbarten Atomkraftwerk Fukushima Daini kam es bei einem Reaktor nach dem Erdbeben allerdings zu einem Ausfall der Kühlung. Es dauerte nach Angaben des Betreibers Tepco 100 Minuten, bis die Kühlung wieder in Gang gebracht werden konnte. Dennoch rechnet die japanische Regierung nicht mit schwer wiegenden Folgen des Ausfalls. Die Reaktorkerne seien nur geringfügig heißer geworden. Die Anlagen sind seit dem Unglück 2011 stillgelegt – der Kernbrennstoff klingt seither ab. Das Gefahrenpotenzial ist also viel geringer als noch 2011.

Seit der Katastrophe im März 2011 versuchen die Atomfachleute in Japan die Anlagen so zu sichern, dass sie auch starke Erdbeben überstehen, ohne eine neue Katastrophe auszulösen. Die Abklingbecken bei den Reaktoren sind in den vergangenen zwei Jahren geräumt worden. Die Brennelemente lagern nun in einem Nasslager außerhalb der havarierten Reaktoren. Beim Reaktor eins hat Tepco in diesem Monat die Außenwände entfernt – in der Hoffnung, so einen Weg zu finden, den geschmolzenen Kernbrennstoff in den frühen 2020er Jahren entfernen zu können. Bisher ist es allerdings noch nicht einmal gelungen, sich ein Bild davon zu machen, wo die strahlende Masse überhaupt gelandet ist. Im vergangenen Jahr hat Tepco den Versuch gemacht, Roboter in den Reaktordruckbehälter zu schicken, die mit Kameras einen Einblick geben sollten. Doch nach wenigen Minuten in der hohen Strahlung gaben die Roboter den Geist auf.

Die Aufräumarbeiten sind schwierig

Wie komplex die Aufräumarbeiten sind, zeigt auch der Umgang mit dem radioaktiven Wasser. Der Kühlkreislauf wird mit Wasser von außen aufrechterhalten. Es kann nicht in einem geschlossenen System geführt werden. Deshalb muss das dann stark strahlende Wasser gelagert werden. Mehrere Versuche, das Wasser so zu behandeln, dass die Radioaktivität auf ein Niveau gesenkt wird, das eine Einleitung ins Meer möglich machen würde, sind an technischen Problemen gescheitert. Inzwischen scheint die Behandlung besser zu klappen. Doch die Kapazitäten reichen einfach nicht aus.

Im Ergebnis sind die Strahlenwerte im Meer nach wie vor sehr unterschiedlich. Je nach Standort des Messgeräts und abhängig davon, ob der Kühlkreislauf eines der Reaktoren wieder ins Grundwasser leckt, was immer wieder vorkommt, schwanken die Messwerte. Fische und Schalentiere in Küstennähe sind nach wie vor so stark radioaktiv belastet, dass sie nicht konsumiert werden dürfen. Sie weisen bis zu zehn Mal höhere Strahlenwerte aus, als der Grenzwert für Lebensmittel erlaubt.

Aber selbst die strahlende abgetragene Erde aus den Gebieten, die an Land dekontaminiert werden sollen, damit die Leute in ihre Häuser zurückkehren können, sind ein schwer zu lösendes Entsorgungsproblem. Lager mit schwarzen Säcken, gefüllt mit Erde und Blättern aus den gesäuberten Gebieten lagern überall in der Provinz Fukushima. Und niemand weiß, was damit passieren soll.

Am Dienstag setzte der Alltag schon nach wenigen Stunden wieder ein. Aber die Angst, dass ein weiteres Erdbeben wieder größere Probleme machen könnte, hat nicht aufgehört.

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