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Panorama: „Es kracht“

Was Betroffene vor und während des Hurrikans in ihren Internet-Tagebüchern schrieben

„Ich bin 20 Jahre alt und hätte mir nie vorstellen können, eine solche Naturgewalt wie Katrina zu erleben. Das sind nun unsere schulfreien Tage. Aber jetzt fürchte ich mich wirklich. Ich bin immer noch zu Hause, und der Sturm wird hier sein in weniger als drei Stunden. Ich denke, ihr könnt sagen, dass ich ein bisschen eigensinnig bin, weil ich nicht weg gehe. O.k., sehr eigensinnig. Mir wurde immer gezeigt, den Sturm durchzustehen. Sogar Andrew. Vielleicht, wenn meine Eltern nicht so eigensinnig gewesen wären, als ich aufwuchs, wäre meine Situation eine andere. Ich will nur all denen sagen, die auf Katrina warten, Gott segne euch, und möge er alle beschützen.“ Katie G.

„Jetzt, wo ich in einem Hotelzimmer mit sechs anderen Leuten, fünf Katzen und zwei Hunden Schutz gesucht habe, wünschte ich, ich hätte der Frau, die mich gewarnt hat, richtig zugehört. Du siehst überall die gehetzten Blicke in den Gesichtern. Wenn dieser Blick über das Gesicht von jemandem wandert, kommen die Angestellten rüber, machen einen Witz und klopfen dir auf die Schulter oder reden einfach mit dir, damit du dich besser fühlst. Diese unglaublichen Menschen verteilen Decken und Kissen, öffnen jedem die Türen zu jedem Konferenzraum, zu jedem Ballsaal und zu dem, was sonst noch an Räumen geblieben ist in diesem Hotel, um die Menschen zu beherbergen. Aber es ist nicht nur dieses Hotel. Jeder Kellner, jeder Einheimische, der vorbeigeht, haben ein nettes Wort zu sagen, um uns zu trösten. Ich habe mich niemals so willkommen gefühlt, so ermutigt gefühlt im Angesicht der Verwüstung, wie ich es hier gefühlt habe.“ Claire

„Ich komme aus Chicago, und da haben wir Tornados, die in Minuten alles zerstören. Also kaufte ich ein neues Auto, um sicherzugehen, dass mein Auto keine Probleme haben würde, wenn ich flüchte. Ich beendete meine Arbeit früher, fuhr von Tankstelle zu Tankstelle, um Benzin zu finden, packte meine Sachen, schlief eine Stunde und fuhr nach Houston. Nun warte ich. Frage mich, ob ich ein Zuhause haben werde, zu dem ich in ein paar Tagen gehen kann. Frage mich, ob ich immer noch einen Job habe, zu dem ich gehen kann. Hmmm… Du musst wirklich dafür bezahlen, dass du in einem Klima lebst, in dem es selten schneit!!!!!“ Anonym

„Ich kann nicht verstehen, warum Menschen bleiben können. Da gibt es KEINE Entschuldigung. Kein Auto? STIEHL eines vom Autohändler. Es ist ja nicht so, dass die Autos Katrina überstehen werden! Kein Geld für Benzin? Stiehl es auch. Noch mal, nachdem Katrina durch New Orleans gezogen ist, werden die Tankstellen den Verlust ihrer Versicherung melden, also macht euch keine Sorgen, sie zu berauben. Wir reden übers Überleben. Ich würde ins Gefängnis gehen, wenn die Alternative der Tod wäre in einem Hurrikan der Kategorie 5 in einer Stadt, die unter dem Meeresspiegel liegt. Kommt da raus. Besitzungen, Vermögen, Geld – es bedeutet alles nichts im Vergleich zu eurem Leben.“ Holly Wight

„Richard und ich haben New Orleans kurz nach Mitternacht verlassen und sind nach Lafayette gegangen, wo wir die nächsten paar Tage (Wochen? Monate?) bleiben werden. Es ist gut, hier sicher zu sein mit unseren vier Hunden, einigen guten Freunden, viel Bier und einer Flasche Absinth. Immer noch habe ich ein wirklich, wirklich schlechtes Gefühl in meinem Magen. Was wird in New Orleans sein, wenn wir zurückkommen?“ Jonno

„Mein Mann und ich leben in LaPlace, über 35 Minuten von New Orleans entfernt. Wir haben beschlossen, nicht zu gehen. Wir haben im Juni geheiratet und sind nicht darauf vorbereitet, die Stadt zu verlassen. Wir haben viele Konserven und Trockennahrung gelagert. Wir haben Sachen in die Garage gebracht. Mein Mann, ich und unsere Katze beten und bereiten uns so gut vor, wie es geht. Einige in der Nachbarschaft sind geblieben. Aber LaPlace wird zu einer Geisterstadt. Meine Familie hat in LaPlace mein ganzes Leben lang gelebt, und wir haben es nie verlassen. Ich beginne, Angst zu bekommen, wenn ich die Nachrichten sehe. Bürgermeister Nagin wachgerüttelt zu sehen, ist sehr beängstigend. Bitte betet für alle in Südost-Louisiana. Wir hätten nie gedacht, dass dies passieren würde.“ Melanie

„Für Melanie, die den Sturm in LaPlace aushält. Bitte überdenke alles noch mal. Meteorologen sind kein hysterischer Haufen. Hast du verstanden, dass die Sturmflut 25 Fuß hoch sein könnte? Das bedeutet, dass du, außer wenn du ein dreigeschossiges Haus hast, komplett vom Wasser weggespült wirst. Und auf das Dach zu gehen, wird nicht helfen, weil die Winde, die vorausgesagt werden, Autos durch die Luft fliegen lassen wie kleine Spielzeuge. Du hast eine junge Ehe und ein Leben vor dir. Bitte packe deinen Mann und die Katze ins Auto und fahre nach Norden und Osten. Bitte überlege es dir. Die Gedanken und Gebete des ganzen Landes sind mit dir.“ Valerie

„Ich habe ein paar Stunden geschlafen. Bin bei heulendem Wind aufgewacht. Kein Zweifel, Katrina ist angekommen. Es ist noch dunkel draußen, aber ich kann das Geräusch vom anstürmenden Wind hören und die Silhouetten der schwankenden und sich biegenden Bäume sehen.“ Margaret Saizan

„Draußen kracht es. Das Haus nebenan ist eingestürzt. Das hier vielleicht auch bald, eine Wand fehlt, große Risse. Toller Trip, liebe euch.“ Scyllacat

„Kannst Du nicht die Polizei oder die Feuerwehr rufen, damit sie dich rettet? Ich umarme dich.“ Gafennec

Die Zitate aus den Weblogs wurden zusammengestellt von Birte Hedden und Marius Thies.

Hurrikan-Weblogs:

http://neworleans.metblogs.com/

http://www.weather.com/

http://blog.myweatherguide.com/

http://www.livejournal.com/users/scyllacat/

„Ich bin 20 Jahre alt, hätte mir nie vorstellen

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