Berliner Imbisse im Test: W – Der Imbiss
Tiki, Tofu, Thail: "Der Imbiss" auf der Kastanienallee fusioniert gekonnt die indische, mexikanische und italienische Küche. Seit 15 Jahren!
Es gibt Orte in Berlin, da scheinen die Gesetze der Newton’schen Physik nicht zu gelten. Räume, in denen die Zeit stillzustehen scheint. Fröhlich trotzen sie Gentrifizierung und Modernisierung. Das „Kino Central“ im Haus Schwarzenberg ist so ein Ort, die Kneipe „Madonna“ in Kreuzberg oder „W – Der Imbiss“.
Seit nunmehr 15 Jahren prangt dessen Logo, ein weißes, auf dem Kopf stehendes McDonald’s-M auf schwarzem Grund, einer Piratenflagge gleich am westlichen Ende der Kastanienallee.
Betritt man das Lokal heute, hat man das Gefühl, es sei immer noch 2001: Der winzige Schankraum, in dem vielleicht 20 Gäste Platz finden, vermittelt mit seinem Flohmarktchic eine um die Jahrtausendwende allgegenwärtige charmante Rumpeligkeit mit Mut zur Lücke. Wen es aufs Klo drängt, der muss in eines der angrenzenden Cafés.
Tiki, Tex-Mex, Thali
Von der Einrichtung her erinnert der Imbiss mit dem Tiki-Nippes und den Bambushockern an die Südsee. Doch der Inhaber, der Musiker und Künstler Gordon W. Zealot, ist Kanadier, und die Küche eine Mischung aus Tex-Mex, Italienisch und vor allem Indisch. Thali, Tacos, Burritos. Fast alles vegetarisch.
Berühmt geworden ist der Laden mit seinen Pizzen aus Naan-Brot, die immer noch ein gutes Drittel der Karte füllen. Besonders die Variante mit Rucola, getrockneten Tomaten, Chili und dick Guacamole, „Green Goddess“ genannt, ist eine Institution. Mit Messer und Gabel nähert man sich dem Ding am besten erst gar nicht, sondern klappt die Stücke zusammen und futtert mit den Händen.
Zehn Minuten Wartezeit muss man einplanen
Wer gerne mit Besteck isst, der bestellt die beliebte Linsensuppe oder Tofu Teriyaki. Der Teller kommt nach etwa zehn Minuten vollbepackt mit Reis, knackigem Brokkoli, Pilzen und reichlich süß marinierten Tofustreifen. Sicher, kein Fine Dining, aber sättigendes Comfort Food, das dank der dünn gehobelten Gurke eine angenehm frische Note aufweist. Und so schöne karamellisierte Zwiebeln kann auch nicht jeder.
Ein Zugeständnis an die Gegenwart gibt es allerdings doch, wie man beim Bezahlen feststellt. Acht Euro für ein Naan und vier Euro für ein Glas Apfelsaft mit Weizengras hätte man um die Jahrtausendwende nicht bezahlt. Man hätte ja nicht mal gewusst, was Weizengras ist.
Adresse Kastanienallee 49, Mitte, Tel. 4435 2206, w-derimbiss.de
Geöffnet So – Do: 12 – 22 Uhr, Fr/Sa: 12 – 23 Uhr
Interessanter Nachbar Die Zionskirche gleich ums Eck ist ein lebendiges Denkmal der DDR-Opposition