zum Hauptinhalt
Was die Pariser Köchin Adeline Grattard in ihrem Kühlschrank hat. Aus: "Inside Chefs' Fridges".

© Thilo Rückeis

Bücher übers Kochen, Essen, Kühlen und Feiern: Zum Verschlingen

Handfestes aus dem Altersheim, Philosophisches aus Paris, Craft Beer-Rezepte. Sechs Kochbücher zum Verschenken

Wie es bei Hempels unterm Sofa aussieht, weiß jeder. Aber im Kühlschrank von Spitzenköchen? Das war bisher Terra incognita.

Zu intim. Jetzt, da man den Inhalt kennt, weiß man, wer ein Baby hat (Daniel Achilles), wer ein guter Nachbar ist (José Avillez), wer sich Hirschleberwurst aufs Butterbrot schmiert (Sven Elverfeld) und wer Nutella (Klaus Erfort). Wie im richtigen Spitzenköcheleben gibt es nur wenige Frauen in dem schwergewichtigen Band. Die Pariserin Adeline Grattard (unser Bild) ist eine von ihnen. Süßliche Stutenmilch, chinesische Würste, getrocknetes Jakobsmuschelfleisch und ordinärer Senf geben sich bei ihr ein Stelldichein. Wie ihre Kollegen stellt sie aus einigen Zutaten Rezepte zusammen. Aber die Hauptsache ist die Optik: ein Augenschmaus für kulinarische Voyeur. (Carrie Solomon und Adrian Moore: Inside Chefs’ Fridges, Europe. Taschen Verlag, 328 Seiten, 39,99 Euro.) kip

Was Oma noch wusste

Ein fantastisch unmodernes Kochbuch! Die Typografie: von gestern. Die Fotos: verdächtig normal. Die Rezepte: Rindfleischbrühe, Kartoffelsalat und, jetzt kommt’s: Schaschlik. Die Autoren sind durch die Seniorenheime der Republik gereist, um mit den Alten zu schnippeln und zu schmoren. „Wir haben einfach gekocht“ ist Oral history und erinnert an eine Zeit, in der das Kochen noch kein Ausgleichssport gewesen ist. Geschmeckt, so viel ist sicher, hat’s trotzdem. Verwunderlich nur, dass 1. die Rezeptesammler ausgerechnet das kulinarisch so wichtige Bundesland Nordrhein-Westfalen weiträumig umfuhren und 2. „ein halber Liter sehr starker Espresso“ für den Kaffee-Sahne-Likör gebraucht wird. Den hatte Oma sicher nicht parat. (Reuter, Rehn, Brandes, Hoene: Wir haben einfach gekocht. Umschau, 304 Seiten, 29,95 Euro.) oom

Ein Bauch spaziert durch Berlin

Der Mann wird für seine Kochkunst seit Jahrzehnten mit einem Michelin- Stern ausgezeichnet, er schreibt Bücher und Artikel für Magazine, er hat eine Figur, hinter der sich Gérard Depardieu verstecken könnte, er bläst die Basstrompete auf einer Jazz-CD („Stupor Mundi“), er tischt in der ARD auf – und nun führt der Stuttgarter auch noch durch Paris, das er lange und von zahlreichen Besuchen kennt. Im Gepäck hat er Paul Celan, Heinrich Heine, Georges Simenon, die „Essais“ von Montaigne und andere kluge Köpfe. Getrieben von ständigem Appetit und Wissensdurst, die schönen Frauen immer fest im Blick, durchstreift Vincent Klink die Stadt, isst und isst und trinkt – und ist fasziniert von der gastronomischen Tradition und Gegenwart. Das große kulinarisch-philosophische Alterswerk eines umtriebigen Geistes. (Vincent Klink: Ein Bauch spaziert durch Paris. Rowohlt, 288 Seiten, 19,95 Euro.) not

Für Biertrinker

Craft Beer Kochbuch
Craft Beer Kochbuch

© promo

Das klingt schon nach einer guten Kombination: Stevan Paul – gelernter Koch, erfolgreicher Foodblogger und bienenfleißiger Autor – hat das In-Thema Craft Beer entdeckt. Und siehe da, entstanden ist ein ebenso schön anzuschauendes wie informatives Buch. Neben den Rezepten (manche mit, andere ohne Bier als Zutat), die den Schwerpunkt bilden und die jeweils zu einem bestimmten Biertyp als Begleitung passen, gibt es Texte über den Trend zum handwerklich gebrauten Bier, Porträts von Brauereien und eine kleine Gläser-Kunde. Eine Fibel für Biertrinker, die ihren Horizont erweitern wollen, und Hobbyköche, die kein Problem damit haben, zum Hauptgang India Pale Ale statt Rotwein zu reichen. (Stevan Paul/Torsten Goffin/Daniela Haug: Craft Beer Buch. Brandstätter, 240 Seiten, 34,90 Euro.) bj

Schärensommer

Auf der schwedischen Ferieninsel Sandhamn lebt Viveca Sten in einer Idylle wie in Bullerbü. Die Krimibestsellerautorin liebt lange gemütliche Mittagessen auf dem Bootssteg, große Kaffeerunden und opulente Mittsommernachtstafeln. In einem sehr schön bebilderten Buch stellt sie jetzt die Bewohner der Schären und ihre eigenen Lieblingsrezepte vor. Julias Flunder gehört dazu, Dorsch mediterran, Blaubeerbullar, Ausflugspausenbrot mit geräuchertem Fisch, Oma Saschas Johannisbeerenpie und Jannes Sommertorte. Dazu gibt es praktische Schärengartentipps, zum Beispiel, wie man Bier für unerwartet viele Gäste kühlt. Das ist ein stimmungsvolles Buch mit Aufnahmen von verträumten Küchen und Kochbuchseiten, Festmählern, Gläsern mit eingemachtem, wildromantischen Wiesen und Leuchtturmspitzen. Man glaubt diese Welt von Astrid Lindgren gebau zu kennen. Dieses ganzheitliche Kochbuch eröffnet den Weg in den modernen Lebensstil der Schären. Die Zimtschnecken mögen auf dem Anlegesteg vielleicht noch besser schmecken als im Berliner Schrebergarten, aber das Buch macht unbedingt Lust auf ein mittsommerliches Fest in einem Ferienhaus auf den Inseln. Schwedenfans werden es lieben. (Viveca Sten: Schärensommer. Meine Lieblingsrezepte. Kiepenheuer und Witsch, 191 Seiten, 19,99 Euro.) Bi

Veganes Familienkochbuch

Am Anfang war die Katze. Warum gelten für die bei uns andere Regeln als für das Schwein? Ihre eigene Ratlosigkeit hat die Journalistin Jasmin Hekmati erst zur Veganerin und dann zur Kochbuchautorin gemacht. Dankenswerterweise ist ihr „Veganes Familienkochbuch“ aber keine Kampfschrift geworden, auch wenn sie natürlich die richtigen Fragen wie die eingangs stellt. Statt Polemik gibt es schmackhafte Alternativen zu Rührei („Scrambled Tofu“), Burgern („Pilzsandwich de luxe“) oder Käsekuchen („Vanille-Grießkuchen“), die sich auch bei knappem Zeitbudget fix zubereiten lassen. Wer den Umstieg plant, findet im ABC im Anhang Informationen zu Themen wie Vitamin-B12-Mangel und Beikost. Auf die weichgezeichneten Heile-Welt-Kinderfotos hätte man allerdings gut verzichten können. (Jasmin Hekmati: Das vegane Familienkochbuch. Ars Vivendi, 192 Seiten, 24,90 Euro.) mho

Folgen Sie dem Tagesspiegel Sonntag auf Twitter:

Zur Startseite