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Essen am Strand: Gastmahl des Meeres

Das gilt überall: Seeluft macht hungrig! Von der Hand in den Mund – Hier stellen wie Ihnen sechs Klassiker aus sechs verschiedenen Ländern vor.

Lasagne in Italien

Ein Drittel der Italienerinnen sei dauernd auf Diät, steht in den Zeitungen. Diät ist ein typisches Sommerthema, aber darum soll es hier nicht gehen. Italienerinnen, die hungern wollen, nehmen zum Strand eine große Flasche Mineralwasser mit und vielleicht noch ein Stück Wassermelone.

Die anderen essen Lasagne.

Ein typischer Julisonntag an einem Strand in Apulien, die Adria schimmert türkis. Großfamilien rücken an, Stimmengewirr, Eroberung des Strandraumes. Väter schleppen Sonnenschirme und Klappstühle, die Mütter tragen Thermoskoffer. Während man sich einrichtet, planschen die Kinder am Ufersaum. Pranzo! Die Mütter haben den Koffer ausgepackt, jetzt wird der Inhalt auf Plastikteller verteilt. Brot, Tomaten, Früchte. Und über allem: die Lasagne, Königin des Strandpicknicks, Inbegriff des Freiluftsonntags. Vereint sie doch den Primo (Pasta) mit dem Secondo (Fleisch) auf das Praktischste, zusammengefügt durch eine dicke Bechamelsauce.

Womit wir schon beim einzigen Problem der Lasagne wären: Sie ist fett. Sie macht träge. Sie erfordert dringend eine Siesta. Die Väter dösen schon unterm Sonnenschirm, die Mütter braten ein wenig auf ihren Klappliegen, wach genug, die Kinder aus dem Wasser zu rufen: „Drei Stunden warten mit dem Schwimmen!“

Erst die Lasagne verdauen. Birgit Schönau


Fischbrötchen in Deutschland

Nordsee und Strandessen? Da machen Wind und Wetter gern einen dicken Strich durch. Allenfalls ruhen in den Schubladen des Strandkorbs gut gefüllte Picknickkörbe, selbst gemacht oder, im Idealfall, aus dem Sylter Laden von Johannes King – aber weiter oben an der Strandpromenade wartet nur das Fischbrötchen auf seine Anhänger. Wichtig! Drüben an der Ostsee haben sie im Mai sogar einen Weltfischbrötchentag. Daran lässt sich viel falsch und wenig richtig machen. Am wichtigsten ist wohl das Brötchen selbst, das knusprig, aber nicht hart, drinnen weich, aber nicht zäh sein soll.

Meine Wahl fürs Innenleben wäre ganz klar ein Matjesfilet erster Qualität, zart, nicht zu salzig, selbstverständlich mit Zwiebeln und, na gut, dem rituellen Salatblatt. Butter, na ja, aber bitte nicht zu viel. Andere schwören auf den sauren Bismarckhering, den ich in diesem Zusammenhang für einen Missgriff halte, oder sie ordern das Brötchen sogar mit Backfisch, was gar nicht geht, zumal, wenn auf den Seiten auch noch Remoulade oder so was rauskleckert. Denn da sind wir schon fast beim Krabbenbrötchen. Aber das ist wieder eine ganz andere Geschichte. Bernd Matthies

Coco Verde und Schaschlik

Coco Verde in Brasilien

Zuerst sahen wir nur die Haufen: Berge von grünen Kugeln, die ausgehöhlt neben den Kiosken an der Avenida Vieira Souto lagen. Junge Kokosnüsse, die noch kein Fruchtfleisch ausgebildet hatten und Wasser im Inneren ablagerten. Coco Verde nannten die Cariocas sie, grüner Kokos. Das Wasser aus der Frucht tranken sie in Massen, wenn sie sich auf dem Sand von Ipanema sonnten, natürlich immer stehend, so dass der Körper gleichmäßig braun wurde. Sie standen sehr elegant am Wasser, die Füße hielten sie kurz in den kalten Atlantik, mit dem Mund nuckelten sie an Strohhalmen, die in der geköpften Nuss steckten. Frauen wie Männer trugen knappe Badekleidung, ihre Körper begutachteten sie wie die englische Königin ihre Kronjuwelen – und einige schworen darauf, dass Coco Verde das gesündeste Getränk der Welt sei. Wir tranken es dann auch, tagelang, dieses süßliche Wasser mit einem bitteren Nachgeschmack. Schon am zweiten Tag fühlten wir uns so gestählt wie die Einwohner Rios. Bis wir morgens die von Oscar Niemeyer entworfene Promenade entlangliefen – und da waren sie alle, die Menschen vom Strand, sie machten Liegestütze, joggten, spielten Fußball über ein Volleyballnetz und stemmten Gewichte. Herrje, es wäre so schön gewesen, mit Coco Verde das Geheimnis ewiger Schönheit entdeckt zu haben. Ulf Lippitz



Schaschlik in Russland

Winston Churchill hat einmal gesagt, Russland sei „ein Rätsel, eingewickelt in ein Mysterium, mit einem Geheimnis drumrum“. Das Zitat wird gerne zur Erklärung der russischen Seele bemüht, genauer: zur Erklärung ihrer Nichterklärbarkeit. Zur Erklärung der russischen Küche taugt es dagegen kaum, denn die ist weitgehend frei von Geheimnissen.

Am Strand etwa grillen Russen am liebsten Schaschliks, und zwar in der simpelstmöglichen Variante: ein paar Batzen Fleisch, ein paar Holzkohlen, ein paar Metallspieße, mehr braucht es nicht für den Badeausflug. Die Kohlen kippt man direkt auf den Sand, zwischen ein paar aufgeschichtete Steine, über die die Spieße gebreitet werden. Im Kaukasus, wo das Schaschlik ursprünglich herkommt, marinieren Georgier und Armenier ihr Grillfleisch gerne in komplizierten Soßen; in Russland reichen Öl, Salz und Pfeffer. Wer Zwiebelstücke zwischen die Fleischstücke reiht, gilt als leicht exzentrisch, wer sonstiges Gemüse verwendet, macht sich ernsthaft unbeliebt. Zum Schaschlik trinkt man Wodka. Danach fühlt man sich betrunken und magenschwer und kann eigentlich unmöglich schwimmen gehen, aber die meisten Russen gehen eh nicht zum Schwimmen an den Strand. Sondern zum Schaschlikgrillen. Und zwar ganzjährig. Noch im tiefsten Winter sieht man auf eingeschneiten Uferstreifen oft Menschengrüppchen um schwelende Kohlen hocken. Diese Russen, würde Winston Churchill da gleich wieder rufen: Ein Rätsel ...! Jens Mühling

Sticky Rice und Softeis

Sticky Rice mit Mango in Thailand

Über thailändischem Essen wurde schon viel geweint. Bei 32 Grad im Schatten treiben die mit Chili gewürzten Spießchen und Teigtaschen der Strand- und Straßenköche den Urlaubern Tränen in die Augen. Sonnencreme und Mückenmittel verlaufen, es brennt, man flennt noch mehr. Trost spendet ein schlichtes Dessert: Sticky Rice mit Mango, handlich verpackt im Bananenblatt. Diese in Thailand weit verbreitete Schweinerei besteht aus einer reifen Mango (am besten sind die von April bis Mai), Kokosmilch, Klebreis, Zucker und etwas Salz. Der Reis quillt über Nacht in Wasser, wird gekocht, gewürzt und mit der warmen Kokosmilch gestockt, bis er schwer und pappig ist. Zu klebrigen Klötzchen geformt und mit Mangowürfeln gereicht kann er eine komplette Mahlzeit ersetzen, aber passt selbst dann noch in den Magen, wenn man längst satt ist. Die Einheimischen lieben ihn aber auch wegen der Erinnerungen, die sie mit dem Geschmack verbinden: Die Sommerferien fallen in die Mango-Saison. Für Thais schmeckt Sticky Rice mit Mango deswegen genau wie für uns – nach Urlaub. Jessica Braun


Softeis in England

Nach heiß und fettig kommt kalt und klebrig. Sind Fish and Chips erst verschlungen, wird das Softeis geschleckt. Man kann es natürlich auch als Vorspeise verspeisen oder als Zwischengericht. Softeis geht immer, es besteht ja praktisch nur aus Luft. Deswegen, dachte sich ein kluger Brite, passt Luftschokolade so gut dazu, und steckte ein Cadbury Flake zur Krönung ins Eis, so dass man was zu schlabbern und zu beißen hat. (Ganz Gierige bestellen sich sogar ein Hörnchen mit zwei Stück Borkenschokolade.) So ein „99 Flake Ice Cream“, kurz: „99“ genannt, kauft man bei Mr. Whippy oder einem der anderen Eiswagen, die ihr Kommen mit einer scheppernden Melodie ankündigen. Dann schmiert man es sich in der Regel ins Gesicht und tropft es über die Hände, so dass man schnell ins Wasser springen muss, zum Abspülen. 99s gibt es immer und überall, ganz England ist ja praktisch ein einziger Strand. Nirgendwo ist man hier mehr als 75 Meilen vom Meer entfernt.

Und falls das Wetter so englisch ist, wie es das Klischee will, greift man zur herzhaften Variante, die vor ein paar Jahren erfunden wurde: Kartoffelbrei, ins Hörnchen gespritzt, mit einem Würstchen drin. Susanne Kippenberger

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