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Kolumne: Von Tisch zu Tisch: Il Valentino

Falls Sie in Personalunion Raucher und Genießer sind, kommt hier eine gute Nachricht aus Tiergarten.

Von außen sieht das Souterrain-Restaurant „Il Valentino“ eher unscheinbar aus, geadelt allenfalls durch die Nachbarschaft zum alten Café Einstein. Aber schon beim Betreten fällt auf, mit welch hübschen Details das von roten Backsteinwänden dominierte Lokal ausgestattet ist. Hier steht ein antikes Grammofon, dort hängt eine toskanische Landschaft als Relief, und sich selber begegnet man in einem goldgerahmten Spiegel direkt neben dem Tisch. Es duftet nach Pizzabrot, und auf den Tischen flackern Kerzen.

Mitten durch das Restaurant läuft eine Glaswand, jenseits derer die Raucher ihrem Laster frönen dürfen. Platz genug für Partys gibt es da auch. Wir blieben tugendsam im vorderen Teil, in der Nähe der Bar. Rasch goss ein Ober Olivenöl aus einer bereitstehenden Flasche in eine Porzellanschale, fügte Salz und Pfeffer hinzu, brachte Pizzabrot und Ciabatta herbei und einen Aperitif vom Haus. Was da drin sei? „Verschiedenes. Orangensaft, Wodka und so. Einfach mal probieren.“

Die aktuelle Karte enthielt manches, was reizvoll erschien. Dreierlei Tatar vom Fisch zum Beispiel. Von welchen Fischen denn? „Zeigen Sie mal, wo stehen denn die Fischgerichte“, sagte der andere Kellner mit gerunzelter Stirn. „Ähm, also Steinbutt, Lachs“, begann er auf Deutsch vorzulesen. Und von welchen genau? „Keine Ahnung, ich kann kein Italienisch.“ Ein Weilchen später schickte er den italienischen Kollegen vorbei. „Scampi, Seeteufel…“, begann der. „Alles gemischt. Ist eine Überraschung.“ Unseren skeptischen Blick parierte er mit Verve. „Ist alles frisch!“

Die vegetarischen Antipasti von der Standardkarte waren dann auch frisch: drei Scheiben Zucchini mit Knoblauch, rot-gelbes Paprikagemüse, drei Scheiben Auberginen, Parmigiana und eine Kostprobe Caprese mit sehr gutem Mozzarella (8,50 Euro). Vielleicht ein bisschen risikoarm, aber es schmeckte.

Lustig fanden wir die Art, die mit Steinpilzen gebackenen Jakobsmuscheln auf Spinat zu servieren. Sie befanden sich in künstlichen Muschelschalen, in denen man früher Ragout Fin auftrug, und diese Schalen wiederum standen auf einem Salzbett (12,50 Euro). Hier handelt es sich offenbar um Italiener der ganz alten Schule, denen das Schicksal oder ein besonderes Talent einen modernen Innenarchitekten zugeschustert hat. Ein hoher Anspruch versteckt sich bereits im Namen. Der Betreiber Antonio Capiraso ist passionierter Hobbyhistoriker und hat das Lokal nach Cesare Borgia benannt, einem unehelichen Sohn von Papst Alexander VI., der auch „Il Valentino“ genannt wurde und Niccolò Machiavelli als Vorbild für sein Buch „Der Fürst“ diente.

Vor den Hauptgängen gab es Salat mit wuchtigen Blättern, Möhren- und Gurkenscheiben und zu wenig Dressing. Vielleicht hätten wir Essig nachbestellen sollen. Fritto Misto nach italienischer Art bestand aus zwei großen Garnelen zum Selberpulen und einer Reihe von Calamarikringeln auf einem Bett von Rucola. Dazu passte eine kleine Sauciere voll Aioli. Das Gericht wirkte durch die Schalen etwas rustikal, einmal davon befreit, schmeckten die Garnelen aber durchaus gut. Und die halbe Zitrone im Gazemäntelchen passte stilistisch zu den Muschelschalen und dem hohen Anspruch (19,50 Euro).

Der Seeteufel war großzügig bemessen und gut gegart, allerdings war die Sauce dazu viel schwerer, als wir angesichts der Ankündigung einer Zitronen-Kräutersauce erwartet hatten (21,50 Euro).

Zum Nachtisch gab es dann Mascarpone mit frischen Früchten. „Das hat meine Schwester so dekoriert“, sagte der italienische Kellner mit stolzem Blick auf das kleine Früchtefeuerwerk aus Brombeeren, Johannisbeeren, Heidelbeeren und Erdbeeren, das sich pittoresk um den sehr guten Frischkäse entfaltete (6 Euro).

Das Il Valentino liegt in der Kurfürstenstraße 56, Tiergarten, Tel. 26398263, geöffnet Mo-Fr 12-24 Uhr, Sa 17-24 Uhr.
Das Il Valentino liegt in der Kurfürstenstraße 56, Tiergarten, Tel. 26398263, geöffnet Mo-Fr 12-24 Uhr, Sa 17-24 Uhr.

© Kai-Uwe Heinrich

Die Weinkarte ist einfach und klein, weshalb wir gleich bei den Offenen blieben. „Pinot Grigio oder Chardonnay“ ist hier wirklich nur eine Geschmacksfrage, der Preis ist gleich (0,5 l = 9 Euro). Das trifft auch auf den Chianti zu, der sauber und unspektakulär wie der Chardonnay nach Ferienglück schmeckte.

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