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Restaurant Boddensee, Brieseallee 20, Birkenwerder. Telefon 0303/599944, Montag bis Samstag ab 12 UHr, Sonntag ab 9 Uhr.

© Kai-Uwe Heinrich

Von TISCH zu TISCH: Boddensee

Forelle in Flammen.

Wir hatten Glück. An jenem eher kühlen Abend lag die auf Pfählen gebettete hübsche Terrasse auf dem See noch verwaist, auch im geräumigen Wintergarten war viel Platz. So nahm der überaus engagierte Ober am Boddensee die Chance wahr, uns einiges über die Geschichte dieses idyllischen Gasthauses zu erzählen: Auf dem Gelände befand sich zu DDR-Zeiten eine Badeanstalt, die Ende der 60er Jahre einer Feuersbrunst zum Opfer fiel. Nach einigen glücklosen Betreibern einer Gaststätte, die dem Schwimmbad folgte, trat vor zehn Jahren Herr Lehmann auf den Plan. Ein Zahlenmensch, ein Banker, gebürtig in Birkenwerder und begabt mit dem Talent, sich mit guten Beratern zu umgeben.

So die Erzählung, der wir gerne glaubten. Denn die Ambition, aus dieser schönen Lage ein attraktives Ausflugsziel zu machen, spürt man auch in dem gemütlichen, mit hellbraunem Holz vertäfelten Gastzimmer oder im hellen Brunch-Raum, der für Partys und Feste gemietet werden kann. Man merkt es aber auch an den vielfältigen Aktionen, die beispielsweise zum Spargelbüfett laden, zum Candle-Light-Dinner oder zum Maischollen-Tag.

Wir entschieden uns für die Option, aus der normalen Karte drei Gänge zu wählen zum Preis von 29,90 Euro. Bei dem Preis würde er am liebsten selber Gast werden, sagte der nette Ober, der später noch Herrn Lehmann zitierte mit dem Satz, es sei besser, einen guten Mann zu haben als vier Leute, die nur in der Gegend herumstehen. Bleibt zu hoffen, dass das auch noch stimmt, wenn die Ausflügler in Scharen einfallen. Aber dann wird hoffentlich eine größere Unterstützertruppe bereitstehen, um den Betrieb einigermaßen zügig laufen zu lassen.

Der Prosecco war einwandfrei, kühl und frisch. Überrascht waren wir über die Größe der Schale mit dem „Spargelsüppchen“, das schön kräftig im Geschmack und mit einer reichhaltigen Einlage von Kremmener Spargelstückchen und Schnittlauchröllchen doch als veritable Suppe durchgegangen wäre. Dazu gab es knackig frisches Baguettebrot. Auch Lachstatar mit Salatbouquet und Rösti orientierte sich dem Umfang nach an einem vom Wandern angeheizten Ausflügler-Appetit. Die Rösti waren nicht fluffig nach Schweizer Art, sondern ähnelten in der Konsistenz eher Reibekuchen, ansonsten sehr lecker. Der Salat war mit gutem Dressing angemacht, und das Tatar aus auseinandergerupftem Räucherlachs gefertigt. Dem fehlte bei aller Menge vielleicht ein kleiner Pfiff. Die saure Sahne dazu schmeckte schon, aber das geht vielleicht noch etwas raffinierter.

Landlustige Städter können hier auch deftige Klassiker wie Rinderroulade oder Bauernfrühstück genießen. Letzteres gefiel uns ausgesprochen gut in der vegetarischen Variante, also ohne Speck. Gebratene Kartoffeln befanden sich in einem festen Omelett mit einem liebevoll geschnittenen Gurkenfächer, prima. „Forelle in Flammen“, das klang abenteuerlich und ein bisschen nostalgisch. Die Forelle aus brandenburgischem Gewässer war zwar relativ grätenreich, aber ansonsten schön frisch und fest, ausgezeichnet im Geschmack und nicht zu mager. Dazu gab es eine Mischung aus Miniaturwürfeln von Tomaten- und Schafskäse, die auf die Tropfen Trüffelöl hätten verzichten können, und außerdem bissfeste Salbeibandnudeln, in denen sich sehr schöne angeschmolzene Kirschtomaten verbargen.

Das „kleine Eis“ zum Schluss ging lässig durch als ordentliches Dessert inklusive Gebäckröllchen und Sahne. Einmal probierten wir es in der Variante Mandelmilch-Schwarzkirsche mit Mandelstiften und Minze und dann noch als Ricotta-Rhabarber mit frischen Erdbeeren.

Auch bei der Weinkarte waren kundige Berater am Werk, besonders angenehm fiel mir das vergleichsweise günstige Preis-Leistungs-Verhältnis bei den Weinen aus der Region Sachsen-Anhalt auf. Einen wirklich guten Silvaner „1893“ von Uwe Lützkendorf bekamen wir für 23 Euro und dazu ein Kompliment des Obers. Das kam offenbar tatsächlich von Herzen. Glücklicherweise ist es zum S-Bahnhof gar nicht weit. Vom Maischollen-Tag an fährt sie wieder durch.

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