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Von TISCH zu TISCH: Casa Bosco

Seeteufel-Carpaccio mit rosa Pfeffer.

Woran erkennt man einen Edelitaliener? Natürlich an den Preisen. An der dicken Weinkarte. An den glamourösen bis honorigen Gästen. An der schicken Lage. Am teuren Innendesign und der guten Ausleuchtung. An der Grandezza, mit der ein oscarreifer Patron die Seelen der Stammkunden streichelt. Doch, auch am Essen. Frischer Fisch muss sein. Zartes Carpaccio für die Diven mit den Wespentaillen.

Die Trattoria Casa Bosco ist auf den ersten Blick das Gegenteil von alldem. Was vor allem an der Lage liegt. Man kann viele Jahrzehnte in Berlin gut leben, ohne auch nur in die Nähe der Eylauer Straße zu geraten. Von außen vermittelt eine Kette bunter Glühlampen Kuschelidylle, auf der kleinen Terrasse vor dem Haus schaffen rot-weiß karierte Tischdecken Picknickatmosphäre.

Innen tafelt eine bunte Mischung von Nachbarn, die aus aller Welt in diesen Kiez gezogen sind, ansonsten aber einen eher unspektakulären Eindruck machen. Und doch. Kleine Details verraten die Ambition des Restaurants. Die dicken Kerzen auf gedrechselten hölzernen Ständern, die rot-goldenen Vorhänge, die gut sortierte Bar, die gepflegte Obstschale, der Korb mit köstlichem Weißbrot, die schweren Stoffservietten. Das alles zusammen ergibt ein anspruchsvoll schlichtes und gleichzeitig gemütliches Ambiente, das sich auch für romantische Abende zu zweit bestens eignet. Hätte man im versteckten Teil Kreuzbergs gar nicht erwartet.

Auch die Patrona machte einen netten Eindruck. Fürsorglich versorgte sie die Tischnachbarn mit einem Aschenbecher, bevor sie sich zur Rauchpause auf die Terrasse verzogen. Sie stellte die an einem hölzernen Gerüst hängende Karte auf den Tisch und erzählte stolz von den morgendlichen Einkäufen. Die Karte habe sie vorher geschrieben, die sei schon wieder überholt, beschrieb sie das Programm des Hauses, das sich offenbar streng am Angebot des Marktes orientiert. Was eine weitgehend konventionelle Pizza-Karte natürlich nicht ausschließt. Die Pizzen auf dem Nachbartisch dufteten aber ziemlich verführerisch.

Dreierlei Carpaccio bildete den eleganten Auftakt: leicht geeiste, hauchdünne Scheiben vom Seeteufel auf einem Rucola-Bett, mit rosa Pfeffer hübsch in Szene gesetzt, dunkelrotes durchwachsenes Rindercarpaccio mit frischen Champignons und dicken Parmesanhobeln, dazu Vitello Tonnato, bei dem die Kalbfleischscheiben großzügig mit Sauce und Kapern bedeckt waren (13,50 Euro).

Die gemischten Gemüsevorspeisen machten einen ebenso guten Eindruck. Besonders der Auberginenauflauf schmeckte vorzüglich, auch die fein geschnittenen Champignons, die Zucchiniwürfel und die Paprikastreifen waren von bester Qualität (8 Euro).

Das Angebot, den Branzino zu filetieren, nahm ich gerne an. Die knackig frischen, festen Wolfsbarschfilets in einer ganz leichten Weißweinsauce waren tadellos. Ringsum fanden sich knusprige Rosmarinkartoffeln, dazu gab es gemischten Salat mit einem guten Balsamicodressing (18,50 Euro, ein reeller Preis). Sehr zart und frisch waren die flachen, leicht panierten Hähnchenfilets in Butter-Salbei-Sauce. Dazu gab es schön zubereitete grüne Bohnen und ebenfalls Rosmarinkartoffeln (14,50 Euro). Kiez kann tatsächlich richtig lecker sein.

Die Erdbeeren zum Abschluss ruhten hübsch gefächert auf Panna Cotta, da hätten wir uns allerdings mehr Erdbeeren und weniger gekochte Sahne gewünscht, aber das ist ein marginaler Einwand (4 Euro). Die Zahl der offenen Weine hält sich in Grenzen, aber sowohl der Pinot Grigio aus dem Veneto wie auch der Montepulciano sind mit Sachkenntnis ausgesucht (0,2 l für 3,80 Euro).

Die Rechnung ließ uns wissen, dass wir von der Chefin bedient worden waren, aber das merkte man auch so. Die unaufgeregte Harmonie dieses Ortes und das anständige Preis-Leistungs-Verhältnis könnten die kleine Trattoria glatt zum Ziel machen für Gourmets, die Edelitaliener aus Prinzip ablehnen. Leider ist es nicht ganz leicht, einen Parkplatz zu finden, doch auf anderen Wegen ist sie die Reise hinter den Kreuzberg schon wert.

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