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Von TISCH zu TISCH: Die Orangerie

Kartoffelsuppe mit Kohlrabi und Lachs.

Nach der Wende schien das ja alles ganz einfach: Man nehme die verwunschenen Schlösser und Herrenhäuser am Rande der Großstadt oder ein wenig weiter weg, stecke jeweils ein paar Millionen hinein – und fertig sind die Refugien für den Großstädter, Restaurants eingeschlossen. Komischerweise hat das so gut wie nie funktioniert.

Schloss Ziethen ist ein Sonderfall insofern, als die Besitzerin, die Bülow-Nachfahrin Edith Freifrau von Thüngen, nie vorhatte, aus dem Herrenhaus in der Nähe von Kremmen ein glatt gemanagtes Luxushotel zu machen. Es ist ein großes Gebäude mit privatem Charakter geblieben, geeignet nur für Gäste, die auf standardisierte Perfektion so wenig Wert legen wie auf ein üppiges Wellnessangebot, und denen der Park wichtiger ist als die Verkehrsanbindung an die Berliner City.

Aber hier geht es ja ums Essen, und das war dort bisher immer so eine Sache. Bemüht, aber stets am Rande des Scheiterns, auf und ab mit den Moden, aber nie richtig gut. Deshalb habe ich das Haus irgendwann sich selbst überlassen, bis jetzt die Küche umorganisiert wurde. Carsten Obermayr, der mal im Berliner „Ellington“ war, spielt dabei eine Rolle, offenbar eher Berater als regulärer Küchenchef, aber das hat der Küche doch geholfen – so gut war sie früher nie.

Die Karte ist klein, setzt den schon bekannten Spagat zwischen Region und Mittelmeer zaghaft, aber gekonnt fort. Kalte Kartoffelsuppe mit geraspeltem Kohlrabi und einigen Scheiben des auf Rotholz geräucherten Padouk-Lachses, das ist schon mal ein Wort für den Sommer, in den Konsistenzen gut balanciert, sicher gewürzt. Kalbsbries mit Topinambur, Zwiebeln, roter Paprika und Kürbiskernöl: Es schien, als sei das Öl durch eine Art Pilzjus ersetzt worden, doch das Ergebnis war ein gutes Gericht, an dem nur eine Bitternote beim Bries störte, möglicherweise durch zu schroffes Anbraten.

Auch beim mit Datteln gefüllten Schweinefilet gab es eine undeklarierte Abweichung von der Karte, denn statt Romanesco kam schnöder Broccoli. Allerdings war auch dieses Gericht handwerklich einwandfrei gelungen. Pochierte Kaninchenkeule in Senfsoße: Das Fleisch war zart, mit feinem Estragonhauch umgeben, dazu gab es akkurat gegarte breite Bohnen und cremige Polenta, die ich als Beigabe allerdings nicht zwingend fand: Nudeln wären mir angesichts der sahnig gebundenen Soße lieber gewesen.

Das ist die Stelle, wo der erfahrene Brandenburg-Reisende den Dessert-Absturz erwartet, aber von wegen: Das war hier wirklich prima. Den Champagner-Honigeistrüffel kannte ich schon aus dem Ellington, Eis in knusprige Schnörkel aus weißer Schokolade gehüllt, dazu Erdbeeren mit Minze. Und Rhabarbergelee mit Marzipanmousse, auch wirklich gelungen (Vorspeisen um 12, Hauptgerichte um 20 Euro, Desserts 8,50). Anständige Weine.

Wer allerdings zu einer ruhigen Zeit kommt, der erlebt, dass der Service allein aus einer Praktikantin besteht. Nichts gegen die nette junge Frau, die nichts falsch machte – aber mit einem solchen Sparprogramm lässt sich kulinarischer Aufbruch nicht glaubhaft darstellen.

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