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Von TISCH zu TISCH: E.T.A.Hoffmann

Bei E.T.A.Hoffmann hat sich frischer Ehrgeiz ausgebreitet. Piccata vom Seeteufel mit Basilikum-Risotto.

Schon ewig her, dass ich das letzte Mal im E.T.A.Hoffmann war. Damals war mein Eindruck mäßig positiv, es wirkte alles ein wenig erschöpft, vernachlässigt – Thema ausgereizt. Es kam in meinen Fundus der Restaurants, die mangels neuer Aspekte einen Besuch nun wirklich nicht mehr erfordern. Dennoch hat sich dort frischer Ehrgeiz ausgebreitet, das fiel mir auf, als kürzlich bei den „Berliner Meisterköchen“ der junge E.T.A.-Sommelier Robert Wiese ausgezeichnet wurde.

Und es fiel mir erneut auf, als ich das (relativ große) Restaurant betrat – und alles krachvoll war. So viele Esser gab es selten, sicher nicht in der Zeit von Tim Raue, der ja hier die Grundlage für seine spätere Karriere gelegt hat. Aufmerksamer Service schon zur Begrüßung, das war auch nicht immer so.

Die Küche liegt weiterhin in den Händen des Patrons Thomas Kurt, das ist Begrenzung und Chance gleichzeitig. Denn der gebürtige Badener hat keinen großen stilistischen Ehrgeiz, er schreibt „Cuisine classique“ auf seine Kärtchen, womit klar wäre, dass sich das kulinarische Geschehen hier zwischen Frankreich, Süddeutschland und Italien abspielt und ohne modische Tricks und Experimente auskommt, gelassene No-Nonsens-Küche, aber nichts für Kreativitätssucher und garantiert ohne Sterne-Ehrgeiz. Das ist für uns neuerungssüchtige Journalisten immer ein wenig undankbar, es schreibt sich schwer. Aber bitte, es hat geschmeckt, und die Preise sind dem Gebotenen mehr als angemessen.

Oh, sie haben in der Küche wirklich geackert an diesem Abend. Der Chef war nicht da, hatte offenbar jemanden außer Haus zu verpflegen, dennoch lief alles stabil und in angenehmem Rhythmus, ein gutes Zeichen. Als Appetitanreger kommt ein Stück Räucheraal zwischen Schwarzbrot auf Kräuterrührei, das schmeckt, lässt aber die Sorge aufkommen, es könnte nun so mächtig weitergehen, was aber nicht passiert. Das „Terzetto“ von der Ente ist eher ein Quartetto plus, gebratene Leber, ein Stück Terrine, geräucherte Brustscheiben mit Selleriesalat, ein Stück gebratene Brust mit Knusperpelle, dazu ein paar (etwas harte) Schwarzwurzelscheiben mit Aprikosen, insgesamt eine erfreuliche Sache, die den stilistischen Rahmen absteckt. Steckrübencreme mit gebackener Blutwurst, sehr schön, Piccata vom Seeteufel mit Basilikumrisotto und Paprikaschaum, ein angenehmer Zwischengang, immer bleibt die Würzung diskret, die Salzdosis an der unteren Grenze. Kabeljau auf Rahmgrünkohl, Zander auf Rahmsauerkraut mit Kartoffel-Schnittlauchpüree. Klein dimensionierte Zwischengerichte, die genau so schmecken, wie sie aussehen, handwerklich gelungen, aber ohne Überraschungen.

Die Hauptgänge sind dann wieder etwas komplizierter aufgebaut. Geschmorte Kalbsschulter mit Estragon- Kohlrabi und Selleriepüree, eine bodenständige, aber aromatisch ausgefeilte Sache, nur das kleine Stück Kalbsbriesstrudel steht, unterwürzt, ziemlich daneben. Zum Lammrücken gehören verschiedene gemischte Bohnen, eine gebackene Lammzunge setzt einen hübschen Akzent. (Menüs 39/55 Euro, vegetarisch 29/36 Euro, auch à la carte). Auf gleichem Niveau finden die Desserts statt, etwa eine angenehme Feigentarte mit Schokomousse und einem leider bittermandlig aufgemotzten Pistazieneis. Muss man denn immer darauf hinweisen, wie gut diese Sorte bei „Vanille & Marille“ um die Ecke ist?

Sommelier Wiese hat keine Schwierigkeiten, zu diesen ganz auf Harmonie getrimmten Gängen passende Weine zu finden. Er schöpft aus einem großen Fundus vor allem deutscher und französischer Abfüllungen, ergänzt um Italien, Österreich, Spanien – ein Abbild der Küche, wenn man so will. Die Preise beginnen bei 20 Euro, sind also freundlich kalkuliert.

Zu empfehlen? Aber klar. Wer nicht mit übertrieben hohen Erwartungen kommt und mit dem etwas schwierigen, hohen Raum nicht fremdelt, der sollte sich hier wohlfühlen und mit dem Eindruck nach Hause gehen, sehr professionell und fair bewirtet worden zu sein.

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