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Von TISCH zu TISCH: East London

Cumberland-Würstchen und Püree.

Von außen sieht „East London“ aus wie ein freundlicher und etwas altmodischer britischer Kaufmannsladen, in dem man auch einen Imbiss zu sich nehmen kann. Erst wenn man eine Weile drin sitzt, fällt einem auf, mit wie viel Liebe zum Detail das Restaurant eingerichtet ist. Die Kaufladentheke ist weiß und fein gearbeitet. In der Vitrine nahe dem Fenster stehen lauter Geschenke für Anglophile: Marmeladen, Chips und Chutneys und natürlich Cadbury Schokolade. Weiter hinten gibt es eine kleine Bibliothek mit zerlesenen englischen Büchern neben zwei gemütlichen Sitzecken. Dazwischen eine offene Küche, in der die lächelnde Patronne werkelt, und eine hohe Tafel mit Barstühlen.

Auf den kleinen Esstischen befinden sich Garnituren mit Ketchups, Marmite, Malt Vinegar, also eigentlich allem, was der Pub-Besucher so zum Genießen erwartet. Auch die Luft riecht ein bisschen nach Ketchup und Pommes-Fett. „God save Brit Food“ steht an der Theke, hinter der der junge Chef Erfahrungen sammelt.

Erst seit wenigen Monaten gibt es dieses Refugium für Rule-Britannia-Fans, dessen Betreiber traditionelle englische Rezepte kombinieren wollen mit der eigenen Phantasie.

Wohlan. Die Weine kommen aus den früheren Kolonien. Aus welchen? Diese Frage verblüfft den Gastgeber. Naja, es wird schon auf der Flasche stehen. Tatsächlich, der als Hauswein angebotene „Saam Mountain Sauvignon Blanc 2010“ kommt aus Südafrika. Das Glas kostet 4,90 Euro. Die Flasche würde er uns für 19 Euro überlassen, raunt er verschwörerisch. Das Angebot kann man kaum ablehnen, zumal die „Bellende Eule“ und andere auch australische Flaschenweine zwischen 25 und 31 Euro liegen. Alternativen wären Pimm’s oder Newcastle Brown Ale (0,455l = 4,50 Euro).

Schade, dass es schon so spät ist, zum Frühstück hätte es auch Eggs Benedict gegeben. Freilich schmeckt die vegetarische Blue Cheese Tarte mit Blätterteig, Spinat und karamelisierten Zwiebeln als Vorspeise aber auch ganz gut (3,50 Euro). Die kleine Schüssel Salat enthält viel Rucola, offenbar ein Darling der modernen britischen Küche, außerdem Stilton-Käse, Birnen, reichlich Walnüsse und Cherrytomaten. Dazu gibt es frisches, mit Schnittlauchbutter bestrichenes Brot (4 Euro). Die hausgemachten Burger wirkten aus der Ferne ausgesprochen respekteinflößend, mit dicken Pommes und Rote-Bete-Chutney. Da hielten wir uns lieber an das klassische Pub-Programm. Steak & Ale Pie mit Cheddar-Käse war auch recht deftig. In der Blätterteigpastete befand sich reichlich Fleisch in dicker Sauce, nicht so weich, um alle Vorurteile gegenüber der britischen Küche zu killen, aber trotzdem ganz okay. Dazu gab es eine ordentliche Portion Senfpüree (9 Euro).

Ein kleiner Funken Neid erfasste uns, als am Nachbartisch Fish & Chips aufgetragen wurden, die wir mangels Originalität verworfen hatten. Eine schöne Portion Seelachs im Bierteig, die gut aussah (9, 50 Euro). Egal, wenn schon britisch, dann auch Bangers & Mash, vorsichtshalber aber auch in der halben Portion. Also gab es statt zwei der süßlichen Cumberland-Würstchen nur eins, und auf Wunsch ergänzte der Patron unsere Würzgarnitur auch noch um eine neue Packung Heinz Senf. Obwohl natürlich im Püree schon reichlich Senf enthalten war. Den modernen Part spielten die grünen Raukeblätter (4,50 Euro).

Für „Sticky Toffee Pudding“ waren unsere Mägen zu diesem Zeitpunkt leider schon zu voll. Wiederholt empfahl uns der nette Chef die Karottentorte, die in der Vitrine thronte und von der erst ein Viertel verputzt worden war. Vielleicht haben wir einen Fehler gemacht, denn anders als die Torte wirkte der saisonale Früchtestreusel, für den wir uns letztlich entschieden, eher vorgefertigt. Apfelstücke und kleine Weintrauben, heiß unter knusprigen Streuseln in einer kleinen runden Form, dazu Vanillesauce (4 Euro).

So richtig weiß man ja erst am nächsten Morgen, wie es einem gefallen hat. Uns zwickte etwas der Magen. Aber vielleicht mangelt es einfach am Training mit der hohen Kunst, britisch zu speisen.

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